Ernst machen, bis es lustig wird

Du bist routinierte Panigale-Fahrerin und warst für uns beim Launch der neuen Ducati Panigale V2 dabei. Die hat weniger Leistung als ihre Vorgängerin – Hand auf’s Herz: Was dachtest Du zuerst?

Ehrlich? Mein erster Impuls war: »Das kann nicht sein.« Wir sind es gewohnt, dass es immer mehr PS gibt. Dabei ist das Quatsch! Beim Motorradfahren zählen viele Faktoren, nicht nur Leistung. Und hier sind wir im Bereich der Panigale ohnehin auf einem Hochleistungsniveau. Es geht um die Fahrbarkeit und genau hier setzt die V2 an.

Aber es fehlen 35 PS.

Dafür wiegt sie 17 Kilo weniger – ein enormer Unterschied! Motorradfahren ist körperlich wie Skifahren oder Snowboarden. Du bist da voll eingebunden. Du musst das Bike bewegen, in den Kurven umlegen. Das macht der Fahrer mit seinem Körper. Ich fahre ja privat die Vorgängermaschine und mit ihr muss ich schon hier und da mal etwas diskutieren, wenn es darum geht, wer jetzt in einer Kurve seinen Willen kriegt, die neue V2 ist in diesem Punkt ein Musterbeispiel an kongenialer Partnerin. Du hast vom ersten Meter weg das Gefühl, sie will dir einfach nur helfen, immer besser zu werden.

Wie war der Test auf der Rennstrecke in Spanien?

Super organisiert! Die Bikes wurden zwischen den Stints professionell gewartet und in Top-Zustand übergeben. Ich teilte mir ein Bike mit einer anderen Frau – das war klasse. Gerade als Frau auf der Rennstrecke ist das sehr hilfreich, weil man sich oft nicht traut, bei männlichen Kollegen Fragen zu stellen. Mit einer anderen Frau zu fahren, ist da ganz anders – man redet auf einer anderen Ebene, und die Kommunikation ist viel offener.

Gibt es Fragen, die Du einem männlichen Kollegen nicht gestellt hättest?

Ja, zum Beispiel zum neuen Lenker. Er ist etwas höher und verändert die Ergonomie. Ich wollte wissen, ob das die Aerodynamik beeinflusst. Mit einer Frau darüber zu sprechen, fiel mir einfach leichter – das Gespräch war offener und direkter.

Wie war das Fahrgefühl?

Viel komfortabler! Der neue Lenker der V2 verbindet Komfort mit sportlicher Haltung. Gerade im Alltag und auf längeren Strecken wird man den Unterschied spüren – auch für Fahrer mit Rückenproblemen wie mich ein echter Vorteil.

Warum hat Ducati den Lenker verändert?

Die Panigale V2 bietet puren Fahrspaß mit einem Plus an Komfort. Der neue Lenker sorgt für eine angenehmere Sitzposition, ohne dabei Kompromisse bei der Sportlichkeit einzugehen. Sie gibt es sogar mit 48 PS für A2-Führerscheininhaber – das macht sie für jüngere Fahrer zugänglicher.

Wie war für Dich das erste Mal auf der Rennstrecke?

Es war in Oschersleben – und ich bin gefahren wie ein Stock. Jeder denkt anfangs, er fährt gut, bis er sich auf GoPro-Aufnahmen sieht. Die Instruktoren haben mich liebevoll ausgelacht und mir direkt viel beigebracht.

Was fasziniert Dich an der Rennstrecke?

Man kann sich komplett aufs Fahren konzentrieren – keine Rückspiegel, kein Verkehr. Und wenn was schiefgeht, landet man meist im Kiesbett, nicht in der Leitplanke.

Wie oft bist Du schon gestürzt?

Zweimal ging es ins Kiesbett, einmal sogar im Stehen (lacht). Auf der Straße war’s ernster – da hatte ich echt Schutzengel.

Du hast die körperlichen Anforderungen angesprochen. Wie hältst Du Dich für die Rennstrecke fit?

Früher war ich Leistungssportlerin, habe Handball gespielt, musste aber wegen einer Schulterverletzung aufhören. Seit zwei Jahren mache ich Pilates – perfekt für Beweglichkeit und Tiefenmuskulatur.

Pilates und Rennstrecke – ungewöhnlich, oder?

Klingt so, aber es ist ideal. Motorradfahren ist körperlich anstrengend, und wer keinen Sport macht, merkt das schnell. Körperspannung ist entscheidend, um das Bike zu kontrollieren, dabei hilft Pilates enorm.

Mit über 200.000 Followern bist Du eine öffentliche Person. Welche Reaktionen bekommst Du?

Sehr gemischt. Viele finden es cool, dass ich als Frau auf der Rennstrecke fahre. Andere denken, ich tue es nur für Klicks und hätte keine Ahnung – bis sie mich auf der Strecke sehen.

Was war eine der schönsten Rückmeldungen in letzter Zeit?

Ein junger Kerl, Mitte 20, schrieb mir neulich, dass sich seine Freundin wegen mir ans Motorradfahren getraut hat. Sie hätte sich das von sich aus nicht getraut. Jetzt fahren sie gemeinsam Touren – das fand ich richtig cool!

Wie gehst du mit den Vorurteilen um?

Es gibt Männer, die sofort urteilen und sagen, dass ich nicht fahren kann. Wenn sie dann aber sehen, wie ich auf der Rennstrecke fahre, ändern sie oft ihre Meinung. Ein Beispiel: Letztes Jahr am Nürburgring kamen einige Fahrer zu mir und sagten: »Wir haben dich auf Instagram gesehen und dachten, du kannst nicht so gut fahren. Aber als wir hinter dir hergefahren sind, konnten wir kaum an dir dranbleiben.« Es ist schön zu hören, dass sich die Einstellung ändert, wenn die Leute sehen, was man tatsächlich kann.

Hast Du selbst Vorurteile?

(Lacht) Ja! Wenn ich einen Mann beim Pilates sehe, denke ich auch: »Das wird jetzt lustig.« Dabei wurde Pilates von einem Mann erfunden. Wir sollten uns alle öfter hinterfragen.

Was steht noch auf Deiner Bucketlist?

Neben Weltkulturerbestätten wie den Pyramiden von Gizeh? Mit einem Fallschirm aus einem Heißluftballon springen! Und alle MotoGP-Strecken selbst fahren.

Wie viele hast Du schon abgehakt?

Noch nicht viele – ich arbeite daran.

Die Saison geht jetzt ja erst los. Welche Touren hast Du geplant?

Naja, ich bin seit Kurzem wieder glücklich vergeben und er fährt auch Motorrad! Da er aus Südtirol kommt, werden wir diese Gegend etwas erkunden. Streckentechnisch haben wir da ja so einiges an fantastischen Kilometern vor uns.

Klingt super. Fährt Dein Partner auch Ducati?

Nein. Oder, noch nicht (lacht). Ich mache nur Witze. Das ist auch ehrlich gesagt überhaupt kein Thema. Wir reden eher darüber, was für einen Auspuff man vielleicht auf die eine oder andere Maschine machen könnte. Solche Sachen. Er wusste auch von Anfang an, dass ich eine Ducatista bin. Und ich sage immer, mir ist das egal, mit welchen zwei Rädern du unterwegs bist, es sei denn, du kommst mit einem Roller, oder einem E-Bike. Dann hätten wir ein Problem! Über alles andere können wir reden.