Cool Stuff

Wir sind angekommen, haben anderen nichts mehr zu beweisen, nur noch uns selbst. Dieses Postulat lässt sich erstaunlich deckungsgleich an zwei Supersportwagen ablesen und nachfahren. Selten stehen zwei Autos so dicht im programmatischen Einklang zum Heftthema wie die beiden hier.

»Stay Cool« ist mehr als nur eine Phrase. Es drückt ein Lebensgefühl aus, erinnert uns daran, nicht nur cool zu sein, sondern es auch zu bleiben. Wie diese beiden Autos, die so unangestrengt in ihrer Ausstrahlung wirken, ihrer Genialität, ihrer Radikalität und in ihrem Talent, zeitlos zu sein.

2010, erkennen wir, war offensichtlich ein gutes Jahr, vielleicht barg es sogar den Augenblick, nach dem wir alle suchen, der die Zeit anhält. Wir suchen Glücksmomente allenthalben, erfinden Moden, um ihnen postwendend nachzulaufen, doch es verdichtet sich der Eindruck, dass es sich lohnen kann, ein paar Kapitel zurückzublättern. Steve Jobs stellte das erste iPad vor. Sebastian Vettel wurde zum bis dahin jüngsten Formel 1-Weltmeister. Und die Sibirische Schwertlilie wurde Blume des Jahres. Nun gut. Wir wollen es auch nicht über­strapazieren.

Der Porsche 911 Turbo und der Gallardo sind verlässliche Marker für technische und konzeptionelle Beharrungskräfte, sie stehen für eine Avantgarde angewandter Supercar-Klasse, die sich inzwischen über den Vektor Zeit bewährt hat, was so vielleicht gar nicht im Lastenheft stand. Denn auf den stimmigen Kern, die elementare Technikentfaltung, ist Verlass. Das ist ja überhaupt eine schmale Spur für Kenner und Könner: bejahrte Autos zu fahren aus ihrer Urkraft und Schönheit heraus, ohne dass man sich gleich im Oldie-Verein einschreibt und Sonntagsfahrten ans Stilfser Joch mitmacht.

Das, was wirklich faszinierend ist an diesen beiden in ihrem 14. Jahr, ist die Ernsthaftigkeit, mit der sie sich zu ihrer Idee bekennen und wie konzentriert sie sich damit auch heute noch den poetischen Fragen des schnellen Fahrens stellen. Die beiden Fahrmaschinen sind zugänglich für aufwandslose Straightforward-Lebensstile, weil sie selber noch der umstandslosen Generation angehören: einsteigen, Gurt ins Schloss und loslegen mit lässigem Blick in den Rückspiegel – als Äquivalent zum Motorradfahrer, der beim rasanten Wegbeschleunigen das linke Stiefelbein theatralisch langsam vom Asphalt hebt.

Dieser Gallardo und dieser Turbo, völlig verschieden im Konzept, sind einander so ähnlich, wenn es um den blanken Vollzug geht, um die harte Bremse, die knappe Lenkarbeit, die zugerichtete Sitzposition, alles so »matter of factly«, wie das Supersportwagen auszeichnet – und dennoch ermüdungsfrei und immer voller Response und Information, von der Vorderachse, vom Heckschlupf, aus den Tiefen der Allradverzahnung und sprühend weg von der dynamisch gelagerten Feuerstätte, der inbrünstigen Maschine, frenetisch in den Drehzahlen, fräsend und jaulend in den Extremen. Böse fürwahr, aber – die Jahre sind unsere Zeugen – verlässlich after all these years.

Ehe wir uns völlig in Euphorie versteigen, hier einmal die Eckdaten zum Verschnaufen:

Porsche 911 turbo S (997.2), meteorgraumetallic, innen Ledersitze in Sonderfarbe Cocoa.

Lamborghini Gallardo LP 560-4, ebenfalls graumetallic, innen schwarzes Alcantara.

Beide Sportwagen überzeugen als zeitlos moderne Fahrmaschinen mit allerhöchster Kennerqualität; die Entscheidung für beide verrät den gefestigten Sportwagenbegeisterten, die Farbwahl den stilsicher Zurückhaltenden. Eine tiefere Freude an Ästhetik und Design scheint sowieso gesetzt. Sie sind Charakterdarsteller einer ausklingenden Epoche, als man noch etwas in der Hand hatte im Sinne von direktem Zugriff auf die Maschine, auf die Straße, auf das Leben, ehe die Generation Digital Natives übernahm. Diese Autos sind keine referentiellen Marketingmaßnahmen mit Fahrerlebnistaste, sondern sie existieren aus sich heraus, wie Tiere das tun – oder Kinder.

An dieser Stelle wollen wir ein Wort auf die Bühne rufen: Sprezzatura. Das ist der italienische Begriff für unangestrengte Lässigkeit und twisted Elegance. Deutsche tun sich naturgemäß schwer damit, aber das wollen wir hier nicht breittreten, nur festhalten als wesentliches Charaktermerkmal, und wenn man’s genau überlegt, profitiert der Gallardo aus dem Besten beider Welten, stecken in ihm doch jede Menge voraus- und parallelentwickelter Komponenten des VW-Konzerns, namentlich vor allem die des Audi R8.

Als Weiterentwicklung der alten Schule Porsche ist der 997.2 grundsätzlich ( … )

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