Alter Charme, neue Magie: Simon the Sorcerer Origins

Alles beginnt mit einem Schulverweis und einer neuen Adresse. Der zwölfjährige Simon zieht widerwillig mit seinen Eltern um, öffnet in seinem neuen Zimmer eine Tür und tritt in eine andere Welt. »Simon the Sorcerer Origins« erzählt die Vorgeschichte des Kultzauberers als modernes Märchen über Verantwortung, Neugier und Selbstironie. Zwischen Chaos, Komik und kindlicher Verwunderung entsteht das Porträt eines Jungen, der lernen muss, dass Magie vor allem aus Entscheidungen besteht.

Die Geschichte balanciert gekonnt zwischen Nostalgie und Emotion. Wo früher Spott regierte, blitzt nun Empathie durch, wo alte Pixelwelten einst Grenzen setzten, entfaltet Handzeichnung neue Tiefe. Es ist ein Adventure, das nicht von Technik erzählt, sondern von Menschen und davon, wie man aus Fehlern Helden macht.

Das italienische Studio Smallthing nimmt sich die Zeit, ein Universum neu zu kuratieren, das lange vergessen schien. Jede Szene, jede Geste wurde von Hand animiert, über 15.000 Zeichnungen fügen sich zu einem visuellen Stil, der an Disney-Filme der frühen 2000er erinnert. Dahinter steht die Idee, die klassische Point-&-Click-Struktur nicht zu brechen, sondern zu verfeinern. Rätsel, Dialoge und Inventarmechaniken sind vertraut, aber rhythmischer inszeniert. Zwei zentrale Systeme, magische Hüte und elementare Zauber, öffnen neue Wege, um Objekte zu manipulieren oder Situationen zu verändern.

Erzählerisch findet das Spiel seine Stärke im Kleinen. Simon ist kein allwissender Magier, sondern ein Junge mit übergroßer Neugier und einem Hang zum Sarkasmus. Seine Dialoge sind bissig, aber nie zynisch, seine Abenteuer mal komisch, mal melancholisch. Dabei gelingen Momente, die emotional mehr riskieren, als man es von einem Genre erwartet, das einst von Ironie lebte. Ein Streit mit den Eltern, eine flüchtige Begegnung mit dem Mentor Calypso, ein stiller Blick in die Leere der magischen Welt – all das verleiht der Reihe plötzlich Tiefe.

Auch der Humor bleibt Teil der DNA. Überdrehte Zauberer, sprechende Kreaturen und absurde Eintöpfe halten die Balance zwischen Satire und Charme. Die Inszenierung wirkt nie altbacken, weil sie ihren Ursprung kennt: Das Spiel zitiert die eigenen Klassiker mit einem Augenzwinkern und nutzt sie als Bühne für eine neue Generation. Selbst Rick Astleys »Together Forever« hat hier einen Platz als emotionaler Anker in einem Spiel, das aus Erinnerungen gebaut ist.

Die akustische und visuelle Qualität ist bemerkenswert. Komponist Mason Fisher verleiht der Welt mit orchestralen und elektronischen Klängen eine fast filmische Präsenz, während Chris Barrie und Erik Borner ihre alten Rollen als Simon im Englischen und Deutschen wiederaufnehmen. Das Ergebnis ist ein Werk, das sich aufrichtig anfühlt, weil es seine Herkunft nicht versteckt, sondern würdigt.

»Simon the Sorcerer Origins« ist kein nostalgisches Echo, es ist eine liebevoll erzählte Rückkehr in eine Welt, die noch etwas zu sagen hat. Ein wunderbares Abenteuer über Magie, Erinnerung und das Erwachsenwerden, warmherzig und überraschend modern.

→ Wer sich nach diesem Wiedersehen mit einem alten Helden fragt, welche Legenden als Nächstes zurückkehren: Weitere Highlights finden Sie in unserer Rubrik »Level Up« – und natürlich im aktuellen Heft.