Es ist diese dramaturgische Steigerung beim Beschleunigen, die in dieser Form wohl nur ein Zwölfzylinder hinbekommt. Ganz am Anfang, dort wo die Drehzahl vom Leerlauf übergeht in die Verzahnung mit dem Antriebsstrang, da ist dieser Moment, in dem man kurz stutzt, weil sich kaum etwas tut. Es ist etwas beinahe verstörend Sanftes, so als sage einem dieser Motor: »Alles cool. Ich lasse es ruhig angehen, ich will dir nicht weh tun.« Und gerade in Zeiten absurder E-Antriebe mit Launch-Control-Starts und einem permanent anliegendem Maximal-Drehmoment, das im Rücken einschlägt wie unvorhersehbare Asteroiden, hat dieses Abholen eines Zwölfzylinderstarts schon wieder etwas Empathisch-Fürsorgliches. Es gibt dem Adrenalin die nötige Zeit zum Hochfahren. Und die braucht es. Denn das, was folgt, lässt sich nur schwerlich begreifen, vom Beschreiben gar nicht erst zu reden.
Am ehesten geht das mit einer technischen Erklärung: Erst bei 9.250 Umdrehungen ruft dieser Motor seine Maximalleistung von 830 PS ab, das maximale Drehmoment von 678 Newtonmeter liegt etwas darunter bei 7.250 Umdrehungen an. Statt sich rein auf die Maximierung der messbaren Leistung zu konzentrieren, haben die Ingenieure und Testfahrer von Ferrari die Drehmoment-Kurve so abgestimmt, dass sie das für den menschlichen Körper befriedigendste Beschleunigungserlebnis erzeugt. Es geht darum, wie unser Körper physikalische Veränderungen wahrnimmt und wie diese unsere Sinne optimal stimulieren können. Fast wirkt dieser Motor wie ein spiritueller Katalysator.
Er räumt auf mit den lästigen Barrieren im Kopf: weg mit der Kontrollwut des Verstandes, weg mit der Unterdrückung durch Normen und Regeln und politischer Korrektheit! 12Cilindri fahren, das ist eine gelebte, dynamische Meditation, es kommt an auf Atemtechniken, rhythmische Bewegungen (vor allem am Lenkrad) und tiefer Entspannung. Letzteres beim Anblick von Radarfallen.