Auch ihr Humor ist von besonders morbider Art, ein diskreter Charme der Bourgeoisie, mit der Fähigkeit, über sich selbst zu lachen. Jammern auf hohem Niveau gehört hier zum Alltag. An jeder Ecke ist ein Kaffeehaus, das von innen wie ein Theater ausschaut, vor einer prächtigen Kulisse trinken dort Menschen Melange oder Verlängerten und spielen Karten. Oft findet man daneben tatsächlich ein Theater, das wie ein Kaffeehaus aussieht. Viele meiner Kollegen von früher, deutsche Schauspieler aus München und Berlin, sind nach Wien umgesiedelt, ich kann sie gut verstehen. Für Theatermenschen ist Wien ein Paradies, denn alles ist hier Theater, alles scheint unecht. Nachdem das große Reich der k.u.k.-Monarchie auseinandergefallen war, versuchten die Österreicher angestrengt, ihre postimperialistischen Ambitionen in den Kultur- und Freizeitbereich zu verlagern: Die beste Oper der Welt wollten sie haben, die besten Philharmoniker, den prachtvollsten Opernball und die beste Fußballmannschaft Europas.
Sie waren in ihrem Vorhaben durchaus erfolgreich, mit Ausnahme des Fußballs vielleicht. Und so sind zwei Österreichs entstanden, die eine friedliche Koexistenz miteinander führen. Das eine ist ein kleines, gemütliches Land auf der Karte, ein Würstchen mitten in Europa, mit Weinbergen und ausgeprägter sozialer Marktwirtschaft, auf Platz 11 beim Bruttoinlandsprodukt. Das andere Österreich ist groß und mächtig, die Wiege des guten Geschmacks und der feinen Cuisine, stilgebend für den Rest des Planeten. In diesem zweiten Österreich finden die meisten Einwohner ihre wahre Heimat wieder. Seit Langem haben wir mit Michael, dem Chefredakteur der besten Automobilzeitschrift der Welt, davon geträumt, unseren Supersupersupertest im Ausland durchzuführen. Wir testen nicht nur Autos, wir testen uns. Jahr für Jahr gehen wir der Frage nach, ob es in dieser wackelnden und flimmernden Welt einen Platz für Luxus gibt und was man wirklich braucht, um ein erfülltes, spannendes Leben zu führen.