Allerdings sind die spätmodernen Konsumenten des freien Westens jetzt längst davon entfernt und darüber hinaus, »Luxus« zuallererst als Opulenz, also als Aufwendungen oder Ausstattungen, die über irgendein sozial normiertes Maß hinausgehen, zu verstehen. Vielmehr, darin sind sich Soziologen, Kulturwissenschaftler, Markt-, Trend- und Zukunftsforscher einig, wird Luxuskonsum heute, gerade auch in bewusster Abgrenzung zu der zunehmend quantitativ orientierten Gesellschaft, weitaus qualitativer verstanden: als der bewusste, gern nachhaltige und jedenfalls verantwortungsvolle Konsum aufgeklärter Wirtschaftssubjekte, denen Werte wichtiger sind als Preise.
Zwar werden Luxusprodukte immer noch ganz klassisch aufgefasst als Güter von exzeptioneller Wertigkeit und Qualität, die sich durch Exklusivität, also Knappheit, auszeichnen, was sich in ihrem Preis widerspiegelt. Aber es geht eben auch um authentische und tradierte Werte, die dem Luxusprodukt Aura und Anerkennung verleihen. Wirklich luxuriös sind heute nach wie vor Produkte, Dienstleistungen und Veranstaltungen, die höchste Qualität mit emotional und intellektuell aktivierenden und inspirierenden Erlebnissen verbinden. Überfluss, Verschwendung und Quantität verlieren an Bedeutung, ebenso sinnentleerte Inszenierungen und Attraktionen.
So ein »neuer«, »aufgeklärter« Luxus definiert sich nicht über Vermehrung, sondern über Verminderung, nicht über die Anhäufung, sondern über die Vermeidung, denn in Zeiten des Überflusses erweisen sich Minimalismus und Verzicht als ebenso aufwendig, selten und begehrenswert wie ostentative Verschwendung in Zeiten des Mangels. Raffinement war immer ein Merkmal von Luxus, nur zeigt es sich heute nicht mehr in der Komplexität und im Hinzufügen von Ornament, sondern in Reduktion, Minimierung, eleganter Schlichtheit, im Weglassen des Ornaments, in der Ästhetik der Funktionalität und der Rückbesinnung auf den Gebrauchswert von Gütern.