Neuer Strom,
alte Freiheit: Reload.Land

Lieber Maximilian, kommende Woche findet in Berlin das Reload.Land statt, ein Festival für elektrische Motorräder. Was erwartet uns hier außer dem offensichtlichen Thema Elektromobilität?

In erster Linie ein echter Vibe. Natürlich geht es darum, neue Marken und Fahrzeuge auf zwei Rädern zu zeigen, unser Hauptziel ist aber, ein positives Zukunftsgefühl zu schaffen. Bei Test Drives kann man die Bikes vergleichen, außerdem wird es eine Ausstellung geben, sehr kuratiert und ziemlich einzigartig. Und dann haben wir noch eine Konferenz mit Paneltalks.

Warum brauchen elektrische Motorräder ein Festival?

Die Antwort ist ganz einfach: Es gab keins, aber die Branche hat ein Festival verdient. Elektromobilität wird sonst bei größeren Motorrad-Events integriert, aber der Austausch, das Umfeld und die Stimmung sind auf einem rein elektrischen Festival noch mal etwas anderes.

Wie kam es überhaupt zum Reload.Land?

Ich war lange Zeit auf vielen Motorrad-Events unterwegs, zum Beispiel in Kalifornien oder Südfrankreich. Dabei wurde mir klar, dass es um das Thema Elektromotorrad noch keine Kultur und auch kein Event gibt. Also dachte ich: Na gut, dann mache ich es halt selbst. Und nach vielen Stunden im Craftwerk, einer Gemeinschafts-Motorradgarage in Berlin, wo wir ein CAKE Elektromotorrad hatten, kam das eine zum anderen.

Dieses Jahr habt Ihr auch Fahrzeuge auf vier Rädern dabei. Weshalb?

In meiner Brust schlagen zwei Herzen – für Autos und Motorräder. Und es gab schon bei der vergangenen Ausgabe ein paar umgebaute Oldtimer. Dieses Jahr bekommen wir von Jean Pierre »JP« Kraemer den brutalen VOLTO zur Verfügung gestellt, und es sind die Freunde von Revive Automotive dabei – mit einem umgebauten Porsche 911 und einem VW T1. Es geht aber vor allem darum, dass sich die Zielgruppen nicht zwingend ausschließen, sondern ideal ergänzen können.

Und dann Ichiban Motorcycles, der Macher Ivan kommt aus der Ukraine, ihn hatten wir vor zwei Jahren zum ersten Mal eingeladen, damals zeigte er 3D Renderings in einer kleinen Galerie. Und jetzt ist er wieder da – mit einem echten Prototyp.

Wieso ist Berlin der perfekte Ort für eine neue Mobilität?

Natürlich steht Berlin immer für Innovation, für neue Ideen, dafür, mal etwas Mutiges ausprobieren. Und es ist ein urbanes Thema. Passt also. Und es ist für die Firmen deshalb reizvoll, weil der deutsche Markt für viele Marken interessant ist – da will man einen starken Auftritt hinlegen.

Jetzt mal zu den Bikes selbst: Viele verbinden Motorradfahren mit Freiheit. Wie und wo befreit ein Elektroantrieb noch weiter?

Das sollte man als neue Erfahrung einordnen. Man muss sich zum Beispiel keine Gedanken um Ölwechsel, Zündkerzen und Kettenspannung machen. Da diese Themen zum Großteil wegfallen, kann man sich voll aufs Fahren konzentrieren. Zumindest geht es mir selbst so. Dadurch, dass man leise unterwegs ist, hat man natürlich in der Stadt eine größere Akzeptanz. Und nachts, wenn man durch die Stadt fährt, ist das ein ganz besonderes Gefühl.

Zum Thema Emotion und E-Mobilität: Wie begegnest Du hier Kritikern?

Grundsätzlich offen und positiv. Ich denke, es geht immer darum, wie man das Ganze kommuniziert. Natürlich kann ich eine andere Meinung akzeptieren, wenn es jemand ausprobiert hat und sagt: »Meins ist es nicht.« Dann ist das total fein. Was ich schwierig finde, sind Online-Gruppen und Foren, in denen Hass verbreitet wird. Uns geht es nicht darum, alles auszutauschen, sondern darum, eine Alternative anzubieten und sagen: Hey, probiert es aus. Wir hatten schon beinharte Biker, die völlig begeistert waren, als sie von der Testfahrt wiederkamen.

Was antwortest Du Kritikern?

Alles hat seine Vor- und Nachteile, auch Elektromobilität. Kurzstreckenpendeln ist sinnvoller, oder wenn man im Wald unterwegs ist. Man hat keine Flüssigkeit, die man verlieren könnte. Man ist leise, stört niemanden. Zum Beispiel auf einer Promenade, da meckert auch keiner, wenn man mal direkt ans Wasser rollt. In gewissen Bereichen ist man eingeschränkter, was Reichweiten angeht. Aber das ist nur eine Frage der Zeit.

Und wo sind die Gemeinsamkeiten mit traditionellen Motorrädern?

Am Ende verbindet uns Motorradfahrer ganz schön viel: Wir sind alle gleich verletzlich, wir kommen alle in den Regen, wir sind alle mal irgendwo liegen geblieben. Die Geschichten sind also die gleichen. Und wenn wir jetzt ein Elektromotorrad-Festival machen, brauchen wir nicht zu lügen – auch wir kommen vom Mofa- und Mopedschrauben und Café Racern.

Beim Design von elektrischen Motorrädern gibt es eine große Vielfalt von Konzepten. Woher rührt diese Kreativität?

Ich glaube, dass jede Marke für sich versucht, einen eigenen Charakter und einen Sweet Spot zu finden. Die Technik bietet ja die Möglichkeit, beim Thema Design freier zu sein. Sicherlich sitzen wir immer noch auf einem Rahmen mit zwei Rädern, einem Lenker und einem Sitz dran – aber abgesehen davon ist für jeden Geschmack etwas dabei.

Es ist ein Trend zu beobachten, dass man sich von Vernunftfahrzeugen weg- und zu Fahrmaschinen hinbewegt, die motorsportlich inspiriert sind. Wie kommt das?

Ich glaube, da kommen wir wieder zum Thema Emotionalität. Und das geht natürlich zum einen durch Design – und zum anderen durch Leistung. In dem Moment, in dem man die Variablen Motorensound und Vibrationen rausnimmt, braucht man eine Kompensation in einem anderen Bereich, um die gleiche Aufmerksamkeit oder auch Liebe zu kreieren.

Wie wichtig sind in diesem Kontext Leuchtturm-Projekte wie Ichiban Motorcycles?

Solche Highlights haben sicherlich die größte Reichweite und sorgen für den größten Hype. Und ich glaube, mittlerweile hat jeder das Motorrad von Ichiban in seinem Instagram-Feed gesehen. Wir haben es als funktionsfähigen Prototypen vor Ort, das ist eine Weltpremiere.

Insgesamt gesehen: Wie entwickelt sich der Markt aktuell?

Ich glaube, dass definitiv der Druck da ist, auch Verkaufszahlen zu liefern. Die große Aufgabe ist einfach, das gemeinsam nach vorne zu treiben. Dafür benötigt man aber mehr Testfahrten und weniger Digitalkampagnen. Die Leute müssen es erleben – und das braucht einfach seine Zeit.

Fährst Du selbst ein elektrisches Motorrad?

Ich bin schon alles Mögliche gefahren. Aber tatsächlich sind wir gerade dabei, ein eigenes Custom-Projekt aufzubauen, das wir beim Reload.Land vorstellen werden. Es entsteht zusammen mit der Berliner Zeltfirma Wechsel Tents. Es ist ein Ultraleicht-Camping-Enduro-Modell, das wir mit Impuls aus München zusammenbauen. Das wird tatsächlich meine Privatmaschine.

Letzte Frage: Was ist der »Silent Ride« am Ende des Festivals?

Eine Tour mit elektrischen Motorrädern durch Berlin. Wenn man da vorneweg fährt und sich umdreht, sieht man 80 Scheinwerfer und hört nichts. Das war die letzten Male wirklich irre. Wieder so ein ganz neuer Moment, etwas, das man noch nie erlebt hatte.

Reload.Land

7. – 8. Juni 2025
Ort: Napoleon Komplex, Modersohnstraße 35–45, 10245 Berlin
Öffnungszeiten: 7. Juni: 10:00 – 18:00 Uhr,
19:00 Uhr Silent Ride, 21:00 Uhr Afterparty
8. Juni: 10:00 – 16:00 Uhr
Eintritt: 10 EUR, Kinder bis 14 Jahre fre

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