Luciano Favaron: Mister Ferrari

»Man lebt nur ein Mal und muss das Beste daraus machen!« Luciano Favaron strahlt wie die aufgehende Sonne über dem Mittelmeer, als er das sagt. Dann öffnet der gebürtige Venezianer die nächste Flasche Prosecco mit geübtem Handgriff. Wir befinden uns nicht an der Adria, sondern in einer Hinterhofwerkstatt im Norden von Hamburg, in einer Gasse hinter der wenig charmanten Automeile Nedderfeld im Stadtteil Lokstedt. In der Halle in einem Flachbau steht ein Ferrari 308 GTBi Baujahr 1980 (»Den habe ich damals für 7.000 D-Mark gekauft.«), daneben ein Alfa Spider, dazwischen eine schmucklose Espressomaschine auf einem kleinen Tisch, gegenüber ein Fiat Topolino aus dem Jahr 1950. Säuberlich aufgereiht an den Wänden hängen Werkzeuge für Ferrari, in der Ecke thront ein Schlagzeug auf einer kleinen Bühne, Gitarren und venezianische Masken hängen von der Decke, der Heizlüfter röhrt, darüber schallt ohne Unterlass Italo-Pop.

Fotos bedecken jeden Quadratzentimeter. Die Bilder zeigen Michael Schumacher, Günter Netzer, Niki Lauda, den Schönen Klaus von der Reeperbahn, Gerhard Berger, Heino oder Ornella Muti. Mehrere Fotos von Steffen Henssler hängen hier, weil Favaron mit ihm im Fernsehen kochte, von Komiker Alfons, weil dessen NDR-Late-Night-Show in der Werkstatt aufgezeichnet wurde. Bei Luciano, oder »Luci«, wie ihn alle nennen, sind alle gewesen, insbesondere Kiez- und Showgrößen, Fußballer und Boxer. Seit den Achtzigerjahren schraubt Favaron an edlen Fahrzeugen aus Italien, wobei auch der eine oder andere Rolls-Royce dazwischen war. Arbeiten müsste Favaron eigentlich nicht mehr, er ist 74 Jahre alt und sieht aus wie Ende fünfzig. »Aber was soll ich zu Hause?«, ruft er aus und hebt die Hände zum Himmel. »Hast Du etwas gegessen?«, fragt er dann und wieselt davon, um Wildschwein-Salami und Parmesan aufzuschneiden.

Favaron wurde von seinen Großeltern im ländlichen Padua auf einem Bauernhof aufgezogen, die Verhältnisse waren bescheiden. Bei Ferrari Mestre bei Venedig lernte er dann das Karosserieschrauben – und träumte davon, Musiker zu werden. »Ein Mann ohne Träume hat sein Leben verpasst!«, sagt Favaron und setzt hinzu, dass das natürlich auch für Frauen gelte. Er ist zwar ein Mann alter Schule, aber nicht von gestern. In jedem Fall sind ihm »Visionen«, wie er sie nennt, wichtig. 1969 schnappte er sich seine Gitarre, wollte nach London reisen – und kam bis zum Hamburger Hauptbahnhof. An den schalen Geruch des kalten --Brat- und Frittierfetts, der damals über die Gleise waberte, erinnert er sich noch immer schaudernd.

Trotzdem blieb er in der norddeutschen Metropole hängen. Nicht nur wegen der vielen Brücken in Hamburg, die ihn an seine Heimat erinnern, sondern der Liebe wegen. Mit Monika ist er noch heute verheiratet, auch von den beiden gibt es überall Fotos in der Werkstatt. Ein Bild von der Trauung findet sich ausgerechnet an einer Säule neben der Hebebühne, an der ziemlich viele weibliche Kleidungsstücke hängen. Manche sind mit zarter Spitze besetzt, bei anderen dominiert der Nieten- und Lederanteil. Wie sie da hingekommen sind, wird einem nicht sofort aufs Brot geschmiert, nur dass es mal deutlich mehr waren und dass das Mitfahren in Favarons Ferrari etwas damit zu tun hat. Wie Monika das alles so fand? »Ich war immer treu!«, ruft Luciano aus. Für den Augenaufschlag sollte er Geld nehmen.

Favarons ausgeprägtes Showtalent führte dazu, dass er unter dem Namen Luciano Della Rosa Schallplatten wie »Pizza, Pasta E Amore« aufnahm, mit Frank Zander oder Bernd Clüver auf Tour ging. Als es mit der Musik nicht mehr so lief, fing Favaron in einer Kfz-Werkstatt an, in der schon sein Bruder Paolo arbeitete, der auch nach Hamburg gekommen war. Mitte der Achtziger machten sich die Brüder mit der Werkstatt in Lokstedt selbständig. Ziemlich erfolgreich, weil Favaron damals so ungefähr der Einzige war, der sich mit italienischen Supersportwagen auskannte. »Man nennt mich auch Mister Ferrari«, sagt Favaron, hebt das Kinn und steckt die Hände in seinen Kittel. Hinzu kam, dass die Herren aus dem Rotlichtmilieu nicht unbedingt die Geduld hatten, den V12-Motor ihres Ferrari oder Lamborghini warmlaufen zu lassen – und schon musste die Flunder wieder zu Favaron. Und: Der Lieblingsitaliener der Unterhaltungsbranche machte schlicht und ergreifend einen guten Job. (...)

→ Die komplette Geschichte lesen Sie in rampstyle #34 »On Any Sunday«.