Sollten wir Bildung insgesamt spielerischer vermitteln?
Bildung muss auf allen Ebenen gamifiziert werden. Ich gebe das allereinfachste Beispiel der Welt: Warum sehen Zeugnisse in Deutschland so aus, wie sie aussehen? Darin ist ein ganzes Leben auf Adjektive reduziert: gut, befriedigend, ausreichend, mangelhaft. Warum kann man nicht etwas runterladen, in dem man nicht nur dieses eine Wort sieht, sondern den Fortschritt, und wo Achievements gesammelt wurden? Warst du beim Sport vielleicht der Kapitän? Warst du immer pünktlich? Ich empfinde es als eine Vollkatastrophe, dass das Leben und das Selbstbewusstsein der Kinder auf diese Dimensionen runtergebrochen werden. Und da ich ja als Vater weiß, wie spielerisch man Kinder motivieren kann, würde ich doch mit Scores arbeiten, mit Balken, die wachsen, mit Energie und Badges.
Gibt es Untersuchungen darüber, ob Gamer erfolgreicher im Beruf sind?
Ja, im Rahmen einer Strategie, die wir mit einer großen Unternehmensberatung zusammen erstellten, erfuhr ich, dass das Durchschnittsgehalt von Gamern 1,8-fach so hoch ist wie bei anderen. Das ist für mich schlüssig, denn Gamer – oder Top Gamer – haben qua Naturell autodidaktische Fähigkeiten. Ich kenne keinen Gamer, der sich mal eine Betriebsanleitung oder ein Manual zum Spiel durchgelesen hat. Alle probieren und optimieren sich selbst. Natürlich gibt es eine Affinität zu Zahlen, da fast alle Videospiele eine gewisse Form von Mathematik benötigen. Man muss berechnen, wo man steht und was man tut. Und Disziplin ist ein Thema. Es gibt im Gaming lustige Wörter wie das »Grinden«, das bedeutet, dass man stupide immer und immer wieder das Gleiche tut, damit etwas passiert. Und Vokabeln lernen ist nichts anderes als grinden. Der Begriff »Farmen« wiederum bedeutet, von einer Fähigkeit oder Ressource auf gut Glück oder mit Weitblick so viel zu sammeln, dass man sie irgendwann brauchen kann. Das ist etwas, das viele starke Karrieristen ausmacht, sie farmen Mentoren für ein starkes Netzwerk. Wenn also Leute heute fragen, was aus den Nerds geworden ist, die damals auf dem Schulhof mit Magic Karten gespielt haben, sage ich aus Spaß, dass die bei McKinsey gelandet sind.
Und mit was haben Sie auf dem Schulhof gespielt?
Ich war noch viel nerdiger – das waren Warhammer-Figuren, die man auch noch künstlerisch anmalen muss. Das war mein Zeitvertreib, bis ich 15 oder 16 war. Und während zu dieser Zeit die meisten rausgingen und heimlich Alkohol tranken, spielte ich Videospiele mit meinen Kumpels. ( … )
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