Vernunft schreibt keine Geschichte

Es gibt Autos, die fahren. Und es gibt Autos, die flüstern: »Ich bin schön, ich bin schnell, ich bin sogar schneller als dein schlechtes Gewissen.« Der Maserati GT2 Stradale gehört sehr deutlich zur zweiten Kategorie. Er sieht aus wie eine Reminiszenz an die goldenen Zeiten der italienischen Rennkunst, integriert dabei aber moderne Technik ganz selbstverständlich und ist kompromisslos auf Performance getrimmt.

640 PS aus einem 3,0-Liter-V6-Biturbo, genannt »Nettuno« – allein der Name klingt schon herrlich nach Mythologie und Ölwechsel. In 2,8 Sekunden prescht der GT2 von null auf hundert. Und wer sich fragt, wie sich das anfühlt, liest bei Douglas Adams’ Klassiker »Per Anhalter durch die Galaxis« noch mal nach, wie der Donnergurgler – dabei handelt es sich um einen unfassbar starken Drink – wirkt. Das fühlt sich nämlich so an, »als werde einem mit einem riesigen Goldbarren, der in Zitronenscheiben gehüllt ist, das Gehirn aus dem Kopf gedroschen«.Sprechen wir noch kurz über die Höchstgeschwindigkeit, die liegt bei 324 km/h. Man könnte jetzt einwenden, dass der GT2 für eine Fahrt zum nächsten Strand eindeutig überqualifiziert wäre. Aber ganz ehrlich? Dieser Maserati ist die für Straßen zugelassene Version des Rennwagens GT2, daher der Zusatz »Stradale«. Spricht also nichts dagegen, mal kurz das nächste Meer mit ihm anzusteuern. Die Antwort auf das Warum lautet halt manchmal: Weil’s geht.

Die Aerodynamik des Stradale orientiert sich an der Rennversion des Modells und wurde so angepasst, dass sie auf der Straße nicht nur effizient, sondern auch sicher ist. Der Unterboden wurde ebenfalls optimiert, um den Luftwiderstand zu minimieren und den Luftstrom zu leiten. Das Ergebnis ist ein Auto, das bei hoher Geschwindigkeit präzise steuerbar bleibt, sowohl auf der Rennstrecke als auch auf schnellen Landstraßen (auf dem Weg an die See, um das noch einmal kurz zu erwähnen).

Innen erwartet den Fahrer oder die Fahrerin die übliche Rennsport-Askese, nur eben in schön. Carbon-Schalensitze mit Alcantara oder optionale Sportsitze mit mehr Platz im Becken- und Rückenbereich, eine Mittelkonsole, die so funktional ist, dass sich selbst die linke Gehirnhälfte verneigt. Das Lenkrad besteht aus Carbonfaser und ist mit Alcantara bezogen, verfügt über Aluminium-Schaltwippen für schnelle Gangwechsel, ist in Neigung und Tiefe verstellbar und hat eine Schaltbeleuchtung, die dem Fahrer den optimalen Zeitpunkt für Gangwechsel anzeigt. Optional gibt es ein Soundsystem von Sonus faber – falls jemand den Klang eines V6-Motors tatsächlich mit dem Song »Tag am Meer« von den Fantastischen Vier übertönen möchte. Das ist natürlich Geschmackssache..

Und wenn wir schon beim Thema Geschmack sind: Der GT2 Stradale ist nichts für Menschen, die sich nachmittags gerne über Car Sharing informieren oder gerne Zug fahren. Er ist gebaut für Individualisten, die sich gerne bei jeder Tour daran erinnern lassen, warum sie sich einst in Autos verliebt haben