Karl der Große

Typisch deutsch war seine berüchtigte Arbeitsmoral und seine Liebe zur Bildung: Karl Lagerfeld zeichnete, fotografierte, schrieb und redete ohne Unterlass, gern auch gleichzeitig, ein Dauerfabrikant des maßgeschneiderten Bonmots. Für seine Entwürfe wurde er nicht unbedingt berühmt, wohl aber für seine Kunst, Bestehendes zu variieren, kreativ zu kombinieren oder schlicht am Puls der Zeit zu sein: So erfand er das Bouclé-Jäckchen von Chanel immer wieder neu, verband Luxusmode mit Streetstyle, kooperierte als erster Modedesigner mit H&M und schuf mit seiner Birmakatze Choupette Cat Content.

Über den Schauspieler Daniel Brühl sagte er einmal: »Ich bin ein Fan von diesem Jungen.« Ein einziges Mal trafen die beiden aufeinander, das war bei einem Fotoshooting Anfang der Nullerjahre. Brühl erzählte später, dass er nicht den Menschen Karl Lagerfeld, sondern nur eine selbst erschaffene Kunstfigur kennengelernt habe. Nun verkörpert der 45-Jährige den legendären Designer in einer Serie, dafür fräste sich Brühl durch einen Berg von Interviews und Büchern und sprach mit Lagerfelds Umfeld. Der Sechsteiler, der auf der Biografie »Kaiser Karl« der französischen Journalistin Raphaëlle Bacqué basiert, erzählt auf Disney+ den Aufstieg des Modeschöpfers zur weltberühmten Stilikone und seine Rivalität zu Pierre Bergé und Yves Saint-Laurent.

Als Karl Lagerfeld am 19. Februar 2019 starb, da trauerten die Deutschen um den Mann, der ihrem Land etwas geschenkt hatte, was man ihrem Volk nie zugetraut hatte: modische Extravaganz.