Das erschreckte die klassische Mercedes-Kundschaft ein bisschen, nicht?
Das könnte man so sagen. Aber dafür wurde plötzlich von Medien darüber berichtet, die sich sonst eher weniger für Autos interessieren. Von der »Vogue« bis zu »Highsnobiety« war alles dabei. Sogar Kylie Jenner wurde auf uns aufmerksam und repostete das Projekt, und sie ist in der heutigen Zeit tatsächlich eine Person, die darüber entscheidet, welche Marken gerade forward Thinking sind. Wenn sie uns also repostet, ist es für uns eine Auszeichnung. Wir haben schon die nächsten spannenden Projekte in Planung. Da werden wir noch einiges herauskitzeln. Ein anderes Beispiel: Der Film, mit dem wir jetzt gerade hundert Jahre Mercedes-Stern gefeiert haben, war durchaus mutig, hat aber sehr viel positive Resonanz ausgelöst.
Und wurde diese Strategie schon im gesamten Unternehmen verinnerlicht?
Ich würde es anders beschreiben. Wir haben unfassbar viele Freiheiten, unsere Kreativen machen gerade Sachen, von denen sie sagen, dass sie vor Jahren noch undenkbar gewesen wären. Ich glaube jetzt zwar nicht, dass jeder und jede bei Mercedes-Benz weltweit bereits ein Bewusstsein für diese rebellische Facette als markenprägendes Merkmal mitbringt. Aber wir müssen uns einfach trauen, die Marke auch in dieser Richtung zu positionieren. Und dafür benötigen wir das Vertrauen unserer Chefs. Und dieses Vertrauen haben wir bei unserem Vorstandsvorsitzenden Ola Källenius und Britta Seeger, verantwortlich für Sales & Marketing, fast bedingungslos.
Ist Mercedes cool?
Ja! (lacht)
Welche Rolle spielt Mercedes-AMG für die Wahrnehmung von Mercedes?
Wir haben ja in der Tat nicht nur die eine Marke, Mercedes-Benz, sondern eine wunderbare Vielfalt. Wir haben Mercedes-AMG, wir haben Mercedes-Maybach, Mercedes-EQ. Wir haben auch die G-Klasse, wenn Sie so wollen. Jede dieser Marken ist sehr, sehr wichtig. Ich bezeichne sie auch gerne als Halo Brands, weil sie so einen wunderbaren Lichtschein um die Marke Mercedes-Benz herum kreieren. Sie sprechen natürlich sehr spezifische Zielgruppen an, die wir mit der klassischen Mutter-Marke nicht immer erreichen. Insofern positionieren wir diese Marken auch in die jeweilige Richtung.
Mercedes-AMG ist klar im Bereich Performance Luxury positioniert, Mercedes-EQ dagegen in Progressive Luxury und Mercedes-Maybach in Sophisticated Luxury – eine Zielgruppe, die noch spitzer ist und bei der wir eine Facette unserer Marke überbetonen, um in die Markenwelt dieser Zielgruppe zu passen. Und mit Mercedes-AMG schließt sich der Kreis zum SL. Er war ursprünglich ein Wagen für die Rennstrecke, und diese Gene dürfen wir nie verlieren, bei allem Luxus und Komfort, die wir dem Auto mitgeben. Der SL hat den Perfomance-Gedanken zur Marke gebracht.