Die will nur spielen

Mit der Scrambler hat sich Ducati vor ein paar Jahren auf den Ursprung der Bike-Begeisterung zurückbesonnen und ein wunderbar puristisches Spaßgerät in mehreren Varianten auf zwei Räder gestellt. Wir nutzen den Ausflug auf das Sand-Oval, um noch ein bisschen weiter in der Zeit zurückzugehen.
  • Text
    Bernd Haase
  • Fotos
    Ducati

Der erste Abenteuerspielplatz? War der Sandkasten. Hört sich niedlich an. Aber mit ein bisschen Wagemut und Ausdauer entstanden dort die tollkühnsten Welten. Man musste sich nur früh genug von den uniformen Plastikförmchen trennen. Schaufel und Wasser. Mehr brauchte es nicht. Nebenbei simulierte man noch fröhlich ein wenig den Ernst des Lebens beim Kampf mit anderen Abenteurern um die in der Regel arg begrenzte Gestaltungsfläche. Und dass die erschaffenen Welten aufgrund des eher instabilen Baumaterials doch sehr vergänglich waren? Was soll’s. Neuer Tag, neue Ideen. Neue Abenteuer. Alles Kinderkram? Quatsch. So ein bisschen Sandkasten täte auch so manchem Erwachsenen gut.

2015 hatte Ducati eine prima Idee: Sie wandten sich der puristischen Seite des Fahrspaßes zu, nannten das Ergebnis Scrambler – und warfen gleich mal mehrere Varianten davon auf den Markt.

Was sich übrigens prima einrichten lässt. Zumindest im Kreis Petershagen bei den Freunden des SC Neuenknick. Das sind Motorsport-begeisterte, die eine stillgelegte Sandgrube Ende der 1960er kurzerhand zum Abenteuerspielplatz für Zweirad-Fans umfunktioniert haben. Ein schickes Sand-Oval ist das. Hier werden wahlweise ernsthafte Sandbahnrennen ausgetragen – oder es wird eben entspannt gedriftet. Benötigt man nur noch das passende Werkzeug. Wobei … aktuell kann es eigentlich nur eine Wahl geben. 2015 hatte Ducati die wunderbare Idee, seine Super- und Supersuper- sowie Supersupersuper-Bikes einfach mal super sein zu lassen und mit der Scrambler die entspannte Seite des Motorradfahrens wieder zu beleben. Genuss statt Tempobolzerei, Erlebnis anstelle von Wettbewerb. Das Ganze auch noch sandkastentauglich ausgelegt. Scrambler eben.

Mittel der Wahl ist eine Full Throttle von 2020. Verbeugung vor dem Ort des Geschehens. Denn das Modell ist eine Hommage an den Customizer und Flat-Track-Star Frankie Garcia. Wunderbar reduziert kommt sie daher, mit markantem, gelb-schwarzem Tank. Die Nummerntafeln unterhalb der Sitzbank zeigen, dass es hier durchaus auch mal ernsthaft zur Sache gehen kann. Zudem zeigt die Scrambler eine gute Haltung mit ihrem flachen Aluminiumlenker und der Flat-Track-inspirierten Sitzbank mit Soziusabdeckung. Die wird unterstrichen von den 73 PS, die der 803 Kubikzentimeter große, luftgekühlte Zweizylinder in L-Form generiert. Durchaus etwas hemdsärmelig wird das Ganze akustisch vom Sound aus dem Termignoni-Topf noch einmal lautmalerisch garniert. Wenn dann noch die 67 Newtons an Drehmoment ins Spiel kommen, darf der Spaß beginnen.

Wunderbar reduziert kommt die Full Throttle daher, mit markantem, gelb-schwarzem Tank. Zudem zeigt sie gute Haltung mit flachem Aluminium­lenker und Flat-Track-inspirierter Sitzbank.

Gang rein, Gas geben, Sand zur Fontäne formen. Braucht man keine Förmchen für. Kunstvolle temporäre Sandgebilde werden mit der rechten Hand gezaubert. Die Sache mit dem Drehmoment kann man bei diesem Bike getrost auch mal ganz anders begreifen als nur mit prachtvoller Leistungsentfaltung und statt forschem Vorwärtsdrang lustige Pirouetten im Sand drehen. Sollen die anderen doch Tempo bolzen und Kilometer um Kilometer pro Stunde sammeln, wir sammeln hier auf dem Sand-Oval von Neuenknick jede Menge Smiles per Hour.

Funktioniert übrigens auch hervorragend abseits der Piste, wenn man sich in eine der Sandgruben stürzt, die sich hier unweit der Weseraue wie andernorts Lachse zur Laichzeit tummeln. Vor allem hier, im Auf und Ab, zeigt sich die Full Throttle als guter Kumpel, der einem nicht nur zielsicher den Weg zeigt, sondern auch für den ein oder anderen Quatsch zu haben ist, wenn man so eine Sanddüne etwas zu optimistisch in Schräglage anfährt. Aber gut, das Scheitern hat ja auch schon im Sandkasten der Kindheit dazugehört. Mittlerweile wissen wir ja auch den Wert von Protektoren zu schätzen, wenn’s etwas übermütiger werden darf. Und dafür sind Sandkästen ja schließlich gebaut.

Sollen die anderen doch Tempo bolzen und Kilometer um Kilometer pro Stunde sammeln, wir sammeln hier auf dem Sand-oval jede Menge Smiles per Hour. Und wenn das nicht ausreicht: Sandgruben gibt’s hier genug.

Der einzige Haken an der Sache: Die Full Throttle, wie wir sie als Spielzeug zur Ver-
fügung hatten, steht nicht mehr im Programm von Ducati. Aber es ist ja nicht so, dass sie in Borgo Panigale die Lust am Scramblen verloren hätten. Die Alternativen – allesamt auf der gleichen technischen Basis – versprechen eine Vervielfältigung dieses tendenziell puristischen Fahrspaßes, angefangen bei der Icon. Die kommt zumindest rein farblich mit ihrem gelb-silbernen Tank und den gelben Schutzblechen im Partnerlook mit der Full Throttle daher – als Icon Dark dann in Matt-Black-Lackierung. Speziell für Freunde gepflegter Café Racer präsentiert sich die Nightshift. Und wer wirklich nicht die Hände von Sandkästen lassen kann, bedient sich der Desert Sled – eine Hommage an die -Enduro-Motorräder der 80er-Jahre mit ausgeprägtem Offroad-Charakter. Erweitert den Aktionsradius ungemein – nicht nur im Sandkasten.

Versprochen.

Ducati Scrambler Full Throttle

  • Motor
    Luftgekühlter Zweizylinder in L-Form
  • Hubraum
    803 ccm
  • Leistung
    73 PS (54 kW)
  • Drehmoment
    67 Nm bei 5.750 U/min
Bernd Haase

Bernd Haase

Textchef & Redakteur
Fasste schon ganz früh einen ganz klaren Karriereplan. Wollte Rockstar werden. Durfte dann auch in der Schulband mitmachen. Weil er halt die Texte schrieb (und weil niemand, aber wirklich niemand Bass spielen wollte). Ging aber nicht lange gut. Wechselte den Bass mit der Triumph Adler seines Vaters, stellte fest, dass die auch schön klingt, und nahm sich vor, über die dunklen Seiten des Musikbusiness zu schreiben. Wurde dann aber doch ein Praktikum bei der Lokalzeitung. Blieb ganz schön lange. War viel spannender als gedacht. Danach als Redakteur bei diversen Zeitungen mit den schönen Dingen von Kino über Musik bis Reise befasst. Stieß dabei auch auf ramp. Und blieb. Ist tatsächlich so spannend, wie gedacht.
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Alle Entscheidungshysteriker müssen jetzt tapfer sein, die Bewohner der Führungsetagen der Wirtschaftswelt sowieso. Denn nirgends ist die Kultur eines besinnungslosen Aktionismus so endemisch wie hier.

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