Der mit der
Déesse fährt

Uns wurde gesagt, Sie haben schon eine lebenslange Affäre mit einer echten Göttin – einer »Déesse«. Stimmt das?

Ja, das kann man so sagen. Die Citroën DS ist – abgesehen von meiner Mutter – das weibliche Individuum, welches mich am längsten begleitet hat.

Und wie steht ihre Ehefrau dazu?

Meine Frau zeigt sich da sehr tolerant. Ich vermute aber, dass das bei jeder anderen Affäre nicht so wäre. Um sie zu besänftigen, sage ich ihr immer, dass hochgestreckte Daumen entgegenkommender Verkehrsteilnehmer bestimmt ihr und nicht dem Auto gelten… (lacht)

Sie fahren aktuell eine Citroën DS? Oder sollten wir besser fragen: Wie viele DS fahren Sie?

Ich besitze tatsächlich eine grüne Pallas Limousine Baujahr 1966, die sich gerade in Restauration befindet – und ein titangraues Cabrio Baujahr 1970, welches ich bei jeder Gelegenheit durch die Brandenburger Prärie jage.

Wie hat sich Ihre Leidenschaft für die DS entwickelt? Was war da die Initialzündung?

Im Alter von zehn Jahren bin ich zum ersten Mal in einer weißen DS mitgefahren. Auf diesem bordeauxroten, weichen und sofaartigen Rücksitz. Sofort war es um mich geschehen und ich wäre am liebsten nie wieder ausgestiegen. Zum ersten Mal in meinem Leben erlebte ich so etwas wie »Lounge Feeling«, lange bevor dieser Begriff überhaupt geboren wurde.

Und wie entwickelte sich Ihre persönliche Geschichte mit der »Deesse« dann weiter?

Nach dieser Initialzündung verpasste ich keinen einzigen Louis-de-Funes-Film mehr. Die Handlung war mir egal, ich zählte die Anzahl der DS Modelle und war begeistert, wenn der Bösewicht Fantomas in letzter Sekunde mit einer düsengetrieben DS seinen Verfolgern davonflog. Ich durchforstete auch alle Oldtimer Magazine nach entsprechender Literatur. Von meinem Taschengeld blieb jedenfalls nicht mehr viel übrig.

Und die DS hat Ihr Leben dann bis heute geprägt? Wie?

Ich bekomme heute noch Herzklopfen, wenn ich das Auto unter seiner Plane hervorhole. Das Design ist nach wie vor einzigartig, elegant und zeitlos. Mit meinen vier Töchtern bin ich an den Wochenenden immer zum Kakaotrinken gefahren, am Ende dieser Ausflüge gab es das immer gleiche Ritual: Unter dem Jubel meiner Töchter fuhr ich dann mit 60 Kilometern pro Stunde über ein paar geschickt gelegene Bremshügel. Mit einem leichten Aufschaukeln hoverte die DS darüber hinweg – mehr aber auch nicht! Auch haben wir viele Ausflüge ins Berliner Umland an die Brandenburger Seen unternommen. Dieses Auto ist so etwas wie der automobile Begleiter für meine schönen Momente. Unsere Alltagsautos kamen und gingen, aber die DS blieb.

Und welches Ereignis, das sie mit der DS verbinden, ist Ihnen ganz besonders in Erinnerung geblieben?

Ganz klar: meine Hochzeit. Ich habe meine absolute Traumfrau in meinem absoluten Traumauto geheiratet!

Was verrät uns die DS eigentlich über die Person Thorsten Montag?

Ich versuche, die Unebenheiten des Lebens mit der gleichen Souveränität einzuebnen, wie es die Hydraulik dieses Autos macht. Gelingt mir mal besser, mal schlechter. (lacht)

Dieses Jahr feiert die DS ihr 70. Jubiläum. Was macht das Auto in Ihren Augen auch nach dieser langen Zeit so besonders? Gibt es hier das Lebensgefühl Citroën DS?

Das Lebensgefühl lässt sich einfach erklären. Durch die hydraulische Unterstützung lässt sich das Auto mit einem Finger lenken und mit dem großen Zeh bremsen. Und die Zeitlosigkeit des Designs lässt sich am besten so beschreiben: Vergangenen Sommer hielt bei einem unserer Ausflüge ein Reisebus mit älteren Damen eines holländischen Kegelvereins an der Tankstelle. Sie umringten neugierig den Wagen und fragten mich, ob das ein Prototyp sei. Das Baujahr 1970 glaubten sie mir erst, als ich den Fahrzeugschein hervorholte. Einen besseren Beweis für zeitloses Design kann ich mir kaum vorstellen!

Haben Sie eigentlich eine Favoritin unter den DS? Lieber erste oder die zweite Generation?

Da tue ich mich wirklich schwer. Die zweite Front ist in meinen Augen etwas eleganter, dafür waren die Armaturenbretter der frühen Baujahre wertiger.

Und wie stehen Sie zu den neuen DS-Modellen? Aus dem Vermächtnis der »Deesse« hat sich inzwischen eine ganze Marke entwickelt.

Ich konnte zu den modernen DS-Modellen leider keine große Beziehung entwickeln. Dabei bin ich eigentlich überhaupt kein Traditionalist und stehe modernen Designs wirklich positiv und neugierig gegenüber. Es gibt allerdings immer wieder interessante Designstudien, die eine Neuinterpretation der DS wagen. Einige fand ich durchaus gelungen.

Und welches wird Ihre nächste große Tour mit der Göttin sein?

Sobald die 15 Grad Celsius gerissen werden und die Sonne sich zeigt, geht‘s zum Familienpicknick an den Seddiner See!