Nur mal kurz zur Einordnung: Jana Kesenheimer und Christoph Strasser machen keine längeren Radtouren. Das Transcontinental Race beispielsweise, das die promovierte Psychologin zwei Mal gewann, wurde 2013 ins Leben gerufen, die Strecke (es ist jedes Jahr eine andere) ist zwischen 3.500 und 4.700 Kilometer lang, dafür ist man etwa acht bis vierzehn Tage unterwegs. Bei dem Rennen gilt das Selbstversorgerprinzip: Teams gibt es nicht, alle müssen ihr Bett und ihre Verpflegung selbst organisieren. Das Race Across America wiederum, das der österreichische Extremsportler Strasser bereits sechs Mal gewann, ist ein Radrennen, das von der West- zur Ostküste der USA verläuft. Die Distanz beträgt etwa 4.800 bis 5.000 Kilometer, es reist ein Betreuerteam mit, man schläft in einem begleitenden Fahrzeug oder im Motel. So, und womit fahren die beiden? Im Fall vom Transcontinental Race fährt Christoph Strasser ein Specialized S-Works Roubaix SL8, Jana Kesenheimer ein Specialized S-Works Aethos.
Frau Kesenheimer, Herr Strasser, können Sie sich kurz vorstellen und erklären, was Sie antreibt?
Kesenheimer: Ich bin 31 Jahre alt, promovierte Psychologin und fahre leidenschaftlich gerne sehr lange Rad. Seit fünf Jahren nehme ich unsupported – also ohne fremde Hilfe – an Rennen wie dem Transcontinental Race teil. Mich treibt eine gewisse Kompromisslosigkeit an: Entweder mache ich etwas mit vollem Einsatz und Leidenschaft oder gar nicht.
Strasser: Ich fand schon sehr früh meine große Leidenschaft: lange Strecken auf dem Rennrad zurücklegen. Eigentlich wollte ich mal den Jakobsweg fahren oder eine Weltreise mit dem Rad machen. Doch dann entdeckte ich die 24-Stunden-Radrennen und begriff, dass Wettkämpfe viel spannender als Radreisen sind.
Sie sitzen beim Transcontinental Race eineinhalb Wochen fast ununterbrochen auf dem Rad, gönnen sich kaum Schlaf. Warum macht man so was freiwillig?
J. K.: Beim Transcontinental Race geht es natürlich in erster Linie ums Radfahren, aber nicht nur. Ich muss mich schon vor dem Rennen sehr gut organisieren. Auch währenddessen treffe ich alle Entscheidungen selbst, manage meine Probleme und Emotionen und versuche, durch Effizienz an die Spitze meiner Leistungsfähigkeit zu gelangen. Oft geht das mit einem Zustand einher, in dem ich richtig viel Spaß habe. Wer sich zu tief fallen lässt, den Humor verliert und beginnt, nach Ausreden zu suchen, kommt selten ins Ziel.
C. S.: Es gibt viel mehr positive als negative Erfahrungen. Oft hört man wilde Geschichten von Schmerz und Müdigkeit und denkt, alle Teilnehmer seien verrückt. In Wirklichkeit bereitet sich jeder gut vor und versucht, sicher und schmerzfrei durchzukommen. Uns alle verbinden die Community und der Spirit. Jeder will so schnell wie möglich sein, gönnt aber den anderen seine Erfolgserlebnisse und teilt seine Erfahrungen.