Absolum

Ein Schlag, ein Funke, ein Moment. Wenn die Faust von Karl auf die gepanzerte Brust eines Gegners trifft, entsteht dieses alte, fast vergessene Gefühl: das Kribbeln, das gute Beat ’em ups auszeichnet. »Absolum« erinnert daran, wie befriedigend ein Treffer klingen kann, wenn Animation, Sound und Timing perfekt zusammenfallen. Es zeigt, dass noch Platz ist für ein Spiel, das kein Experiment sein will, sondern einfach gut gemacht ist.

Die Geschichte führt in die Welt von Talamh, ein zerrissenes Reich, das einst vom Glanz der Magie lebte. Dann kam der Sonnenkönig Azra, der alle Zaubernden versklavte und die Welt in rotes Licht tauchte. Aus den Ruinen seiner Herrschaft erhebt sich eine Gruppe von Rebellen, angeführt von der Magierin Uchawi, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Die vier spielbaren Figuren – die Schwertkämpferin Galandra, der Zwerg Karl, die Diebin Cider und der Magier Brome – verkörpern verschiedene Facetten dieses Widerstands. Jede Figur erzählt ihre Geschichte über Bewegung: Galandra tanzt, Karl donnert, Cider gleitet, Brome schwebt auf seinem Stab wie auf einer Welle aus Licht.

Das Herzstück von »Absolum« bleibt der Kampf. Hier zählt kein Fortschrittsbalken, kein kompliziertes System, es geht um das unmittelbare Gefühl. Leichte und schwere Angriffe lassen sich kombinieren, Konter und Ausweichmanöver verleihen dem Fluss Struktur. Wer einmal im Rhythmus ist, spielt wie im Takt und merkt, dass sich alles verbindet: die Musik, der Rauch, das Aufleuchten eines Treffers. Kenner entdecken dabei subtile Referenzen an Genre-Ikonen, ein Griff wie bei »Ninja Gaiden«, ein Schwertwirbel wie aus »Devil May Cry«. Im Koop-Modus entfaltet sich dieses Zusammenspiel noch stärker, wenn zwei Figuren ihre Angriffe ineinander verzahnen und sich gegenseitig Raum geben. »Absolum« ist ein Spiel, das schlägt, fließt und tanzt zugleich.

Seine Roguelite-Struktur bringt Abwechslung, ohne die Klarheit zu stören. Jeder Lauf durch die Länder von Talamh verläuft ein wenig anders, Begegnungen und Wege verändern sich, Upgrades formen den eigenen Stil. Der Einstieg verlangt allerdings Geduld, denn manches ist anfangs hinter Upgrades versteckt. Doch wer sich hineinbeißt, erlebt, wie sich das System öffnet und jede Wiederholung ihren eigenen Rhythmus entfaltet. Man kehrt zur Basis zurück, verbessert Fähigkeiten, probiert neue Kombinationen. Der Fortschritt entsteht aus Bewegung, nicht aus Menüs.

Die Präsentation ist der zweite große Triumph. Die handgezeichneten Animationen von Supamonks sind eine Schau: detailverliebt, rhythmisch, fast körperlich. Jeder Schlag, jede Explosion, jeder Windstoß in der Wüste von Grandery ist liebevoll gezeichnet in Szene gesetzt. Dazu kommt ein Sounddesign, das Treffer fühlbar macht, ohne aufdringlich zu werden. Wenn ein Zauberspruch von Brome die Luft zerschneidet, klingt das nicht nach Effekt, es bereitet den Boden für den nächsten Höhepunkt.

Denn so stark die Animationen und Kämpfe auch wirken, der Soundtrack reißt alles ab. Gareth Cokers Score legt ein Fundament, das teils dröhnt und teils trägt, während einzelne Tracks wie Sprengladungen zünden. Ganz vorne dabei: »The Underking« von Mick Gordon (bekannt für den brachialen Soundtrack zu Doom Eternal), ein Brett, das den Boden beben lässt und alles kurzzeitig in Schutt und Asche legt. Wer das einmal gehört hat, will mehr, selbst ohne Controller in der Hand. 

Auch das Tempo überzeugt. »Absolum« verlangt Aufmerksamkeit, belohnt sie aber sofort. Wer springt, kontert, blockt, kommt in einen Flow, der fast hypnotisch wirkt. Die Kämpfe sind fordernd, doch nie unfair, und wer scheitert, versteht sofort, warum. Das Spiel ist ehrlich in seiner Sprache: Präzision wird belohnt, Ungeduld bestraft. Jede Figur bringt eine andere Dynamik, jede Runde hat ihr eigenes Tempo.

Trotz der Roguelite-Struktur bleibt der narrative Rahmen spürbar. Zwischen den Kämpfen entstehen kleine Dialoge, Begegnungen mit Begleitern oder mystischen Wesen, die das große Ganze untermalen. Diese ruhigen Momente geben dem Spiel Tiefe, ohne es auszubremsen. Die Welt von Talamh wirkt lebendig, ihre Geschichten deuten mehr an, als sie erklären.

Am Ende bleibt der Eindruck eines Spiels, das verstanden hat, was ein Beat ’em up sein kann: ein kontrolliertes Chaos aus Bewegung, Klang und Rhythmus. »Absolum« ist kein Spiel der großen Worte, es ist eines der klaren Gesten. Es feiert Timing, Präzision und die Freude am Wiederholen. Hier spürt man wieder, warum Faust und Rhythmus manchmal mehr erzählen als jedes Wort.

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