In der Hitze der Nacht

Seit Minuten steht der zitronengelbe Pick-up an der Startlinie und gibt Vollgas. Eingepfercht zwischen zwei Männern, die das Fahrzeug am Heck halten, und einem weiteren, der sich von vorne mit voller Kraft gegen die Motorhaube stemmt, hat der Pick-up keine Chance zu entkommen. Das soll er auch nicht. Noch nicht. Stattdessen werden die Hinterräder zum Durchdrehen und auf Temperatur gebracht, damit sie beim Sprint über die Viertelmeile einen besseren Grip haben. Schließlich geht es beim drei Tage dauernden King Drag Race um die Bestzeit. Und die wollen alle erreichen, die in unterschiedlichen Motorrad- und Auto-Rennklassen gegeneinander antreten.

Drag Races wie dieses hier, also Beschleunigungsrennen auf geraden Strecken, sind in Thailand ein großes Ding. Ihren Ursprung haben sie in den Neunziger- und Nullerjahren. Damals traten junge Einheimische auf kleinen Motorrädern oder in getunten Kompaktwagen auf öffentlichen Straßen gegeneinander an. Bei den illegalen Rennen kamen so viele Menschen ums Leben, dass offizielle Rennstrecken wie die Bangkok Drag Avenue gebaut wurden, die eineinhalb Fahrstunden nördlich von der thailändischen Hauptstadt entfernt liegt.

Das Knallen des Pick-ups auf der Bangkok Drag Avenue wird vom Publikum mit einem Raunen begleitet. In dem Moment, in dem die Räder wieder Haftung haben, sorgt die Energie zu einem explosiven Schlag im Antriebsstrang. Gleichzeitig hebt der vordere Teil des Fahrzeugs ab, nur auf den Hinterreifen schiebt es ihn über den Track. Keine acht Sekunden später kommt der Drag Racer wieder auf allen Vieren im 400 Meter entfernten Ziel an. Die Zuschauer gröhlen. Die Basisversion des Lamborghini Huracán hätte gut zehn Sekunden gebraucht.

Dabei stammen die meisten der rund 200 teilnehmenden Fahrzeuge von Herstellern wie Isuzu, Toyota, Honda, Mitsubishi und BMW; alle haben Werke in Thailand. Das macht sie deutlich günstiger als importierte Autos, auf die das Land 40 bis 80 Prozent Einfuhrzölle erhebt. Die Drag Racer schlachten die Trucks aus, bis die Cockpits und Türinnenseiten aussehen wie Emmentaler. Danach werden die Leichtgewichte getunt. Dieselmotoren sind hierzulande besonders beliebt. Die thailändische Regierung subventioniert die Dieselpreise stark, eigentlich, um die Landwirtschaft und damit einen Großteil der Bevölkerung zu entlasten – jeder dritte thailändische Erwerbstätige arbeitet in dem Bereich. Drag Racer machen sich die niedrigen Kosten aber genauso zunutze.

Die Eintrittskarte für das King Drag Race kostet umgerechnet weniger als drei Euro. Das zieht ganze Familien in vollgeladenen Pick-ups an. Dreijährige sausen zwischen Essensständen, Autozubehörshops und dem Race Track hin und her, alte Frauen gehen am Stock in Richtung Tribüne, auf den Ladeflächen der Fahrzeuge werden mitgebrachte Picknickkörbe, Kühlboxen und Klappstühle aufgebaut für die Pausen zwischendurch.

Einblicke in die Szene bekommt man am ehesten auf thailändischen Facebook-Seiten. Dort teilen die Mitglieder Nachberichte über die Rennen. Wer bei einem thailändischen Drag Race dabei sein will, muss jemanden kennen, der jemanden kennt, der jemanden kennt. Oder versuchen, über die Online-Communities einen Mittelsmann zu finden.

Auf dem Race Track ist viel los, die Temperatur ist infernalisch. ( ... )

→ Die gesamte Story lesen Sie in der neuen ramp #68 »Happy as a Clam«.