Petit Le Mans – oder: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Le Mans stand vor der Tür. Da werde ich immer so wehmütig. Weil ich dort immer selbst gerne gefahren wäre (vorausgesetzt, ich hätte als Rennfahrer Karriere gemacht). Und weil Jo Gartner vor 39 Jahren auf der Mulsanne-Geraden starb. Kurz nach drei Uhr morgens. Technischer Defekt an seinem Porsche 962. Wahrscheinlich eine gebrochene Hinterradaufhängung. Es gibt keine Fernseh­bilder von dem Unfall. Nur ein gespenstisches YouTube-Video, 1:27 Minuten. Die weißen Lichter des nach dem Unfall mehr als zwei Stunden langsam hinter dem Pace-Car hinterherfahrenden Feldes. Ein umgeknickter Telegrafenmast und die zerbrochenen Äste eines Baumes. Zuerst prallte der Porsche mit unvorstellbarer Wucht gegen den Telegraphenmast. Dann schleuderte es ihn in den Wald. Am gruseligsten waren die verstreuten Wrackteile. Auf einem sah man Jos Namen und die rot-weiß-rote österreichische Flagge.

Ich komme von Le Mans, der Mutter aller Autorennen, trotzdem nicht los. Jedes Jahr bin ich dort. Wenn auch nur als Chronist.

Auf der A8 – unterwegs zu Armins trautem Heim, der Carrera GT bügelte im sechsten Gang die linke Spur – kam mir plötzlich diese völlig sinnbefreite Idee: Wir fahren mit diesem Wagen unser ganz persönliches Le Mans. 24 Stunden im Kreis. Hier in der Gegend. Eine zehn bis zwanzig Kilometer lange Runde (der Circuit de la Sarthe misst 13,6 km). Abwechselnd im Zwei-Stunden-Intervall. Einer am Steuer, während der andere sich zu Hause bei Armin ausruht. Ich war so begeistert davon, dass ich es gleich loswerden musste. Armins Antwort: »Für so was Bescheuertes ist mir meine Zeit zu schade.«

Beim Frühstück am nächsten Morgen sagte er nach dem ersten Schluck Kaffee: »Hab’ die Sache überschlafen. Wann starten wir?« Der beiläufige Tonfall passte nicht zu dem erwartungsvollen Blick, den er mir über den Rand der Kaffeetasse hin zuwarf. Zuerst brauchte es aber eine gute Strecke. Ein ehemaliger Kollege, der in der Region beheimatet ist, wollte gern behilflich sein, und das Roadbook, das er uns dann überreichte, hatte es in sich. Hier eine kurze Zusammenfassung: »Start in Weilheim an der Teck. Am Orts­ende rechts ab Richtung Bissingen an der Teck. In langgezogenen Kurven bis Nabern und weiter über eine kurze Gerade bis zur B465. Nach heftiger Bremsphase in einem Rechtsknick in die B465 bis zur A8. Auffahrt auf die A8 Richtung München und Vollgas bis zur Abfahrt 58. In Wechselkurven wieder zurück nach Weilheim an der Teck. Ca. 20 Kilometer.«

An einem Samstag um 16 Uhr erfolgte unser Start, wie beim echten 24-Stunden-Rennen. Armin wollte den ersten Stint fahren. Da es von seinem Wohnort bis zum Ausgangspunkt in Weilheim etwa 30 Kilometer sind, machte er sich um 15.30 Uhr auf Achse. »Wer gewinnt eigentlich?«, fragte er im Weggehen. »Hm, ist ja ( ... )

→ Die gesamte Geschichte lesen Sie in der neuen ramp #69 »More Than Machines«.