Gibt es einen Teil von Ihnen, der ganz unabhängig von der Musik existiert – der gar nichts mit Business zu tun hat?
Den gibt es. Wenn ich mit meinen engsten Freunden oder meiner Familie zusammen bin. Meine besten Freunde kenne ich seit über 17 Jahren, einige seit dem Kindergarten, spätestens seit der fünften Klasse. Natürlich reden wir auch mal über das, was bei mir passiert, aber für sie bin ich nicht Leony, die Künstlerin – sondern einfach ich. Da muss ich mich nicht verstellen, da herrscht ehrliches Interesse. Und das ist unheimlich wertvoll: einfach mal loslassen, niemandem Rechenschaft schuldig sein, nicht angeschaltet sein müssen, nicht überlegen, ob irgendetwas, das ich sage, gegen mich verwendet oder auf Social Media zitiert wird.
Wie entstehen bei Ihnen neue Songs? Wie sieht Ihr kreativer Prozess aus?
Ich arbeite seit sechs Jahren mit demselben kleinen Team zusammen – drei, vier Leute, mit denen ich fast alles gemeinsam schreibe. Wir haben ein wunderschönes Studio in Berlin, da entsteht eigentlich 99 Prozent der Musik. Manchmal kommt zu Hause eine Idee – aber meistens passiert es dort, im Studio. Wir hören gemeinsam Musik, tauschen uns aus, jemand hat eine Idee, ich setze mich ans Klavier oder nehme die Gitarre. Vielleicht hat jemand schon einen Textansatz – dann probieren wir etwas aus. Manchmal steht innerhalb von 15 Minuten das Gerüst eines Songs, manchmal dauert es Stunden, ohne dass etwas dabei herauskommt. Wir sind kein zusammengewürfelter Writers Room mit Druck, sondern ein eingespieltes Team. Wir müssen nichts erzwingen. Musik muss Emotionen auslösen – bei mir, bei den anderen, aber auch bei den Hörerinnen und Hörern. Und das geht nur, wenn es aus dem Herzen kommt.
Ist Kreativität für Sie ein Teil des Jobs?
Ja und nein. Inzwischen ist es natürlich auch ein Beruf, aber man darf sich nicht zu sehr unter Druck setzen. Genau deshalb fingen wir ja alle an, Musik zu machen: weil sie etwas in uns auslöst. Und wenn man selbst Musik schreibt, die bei anderen Menschen dieses Gefühl erzeugt – das ist unglaublich schön. Klar, wir überlegen im Studio schon: Passt der Song zum Radio? Funktioniert er auf Spotify? Passt er zu mir als Künstlerin oder vielleicht besser zu jemand anderem? Trotzdem muss der Prozess Freude machen. Er muss ehrlich sein. Selbst wenn ein Business-Aspekt mitschwingt.
Gerade beendeten Sie Ihre Tour, bald beginnt die Open-Air-Saison. Wie halten Sie sich da fit?
Ehrlich gesagt: gar nicht. Wenn ich auf der Bühne stehe – anderthalb
oder fast zwei Stunden mit voller Power tanze, singe, alles gebe –
funktioniert das einfach. Würde ich fünf Minuten joggen, wäre ich
wahrscheinlich schnell aus der Puste. Vielleicht ist es das Adrenalin,
vielleicht der Spaß an der Sache.
Was macht Leony, wenn sie einfach mal nur Leonie Burger ist?
Jetzt direkt nach der Tour habe ich gar nichts gemacht. Und es war wunderschön. Ich war allein in meiner Wohnung in Berlin, ging viel mit meinem Hund spazieren, habe gekocht, Serien geschaut, Handyspiele gespielt. Ich schlief lange. Ich liebe es, wenn mal nichts ansteht, gerade nach so intensiven Phasen.