Pista di Fiorano, das Haus von Enzo Ferrari. Hier saß er am Schreibtisch, direkt an der Rennstrecke, und beobachtete die Runden seines Autos. Ein weltberühmtes Foto zeigt ihn an den Leitplanken stehend, mit Anzug, Krawatte und Sonnenbrille, neben dem jungen Luca Cordero di Montezemolo und einem gewissen Andreas Nikolaus Lauda im hellblauen Rennoverall. Noch heute muss hier jedes neue Modell bestehen, bevor es das Werk verlassen darf. Hier trennt sich alles, was nicht gut ist, von dem, was Ferrari ist.
An diesem Tag brennt die Sonne über der Emilia-Romagna. Der Asphalt flimmert, Zikaden sirren. Kurz darauf begrüßt uns Raffaele de Simone. Seit zwei Jahrzehnten testet er hier jedes Straßenfahrzeug von Ferrari sowie die seriennahen Rennfahrzeuge - und den Rasenmäher des Gärtners. Ja, richtig gelesen. Mit dem driftet er wie ein ungehorsamer Schuljunge gelegentlich über den Rasen auf dem Gelände. "Das geht wirklich sehr gut", lacht er, "da muss man auch nichts verbessern. Es ist ein großer Spaß." Strenger Blick seitens der PR-Frau. Ein Wasser, ein Kaffee und knapp eine Stunde Zeit, das kann uns de Simone an diesem Wochentag anbieten.
Signor de Simone, wer sind Sie?
Eine schwierige Frage direkt zu Beginn! Ich würde sagen: Ich bin ein sensibler Typ, der nie wirklich erwachsen geworden ist. Jemand, der immer noch spielt - allerdings mit Autos. Ich habe meine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Ich bin ehemaliger Rennfahrer - ich beendete 2007 meine aktive Karriere - und widme mich seither voll der Entwicklung neuer Fahrzeuge. Dabei geht es um homologierte wie auch nicht-homologierte Modelle, mit Ausnahme von Formel 1- und Langstrecken-Fahrzeugen - die bei Ferrari zu anderen Abteilungen gehören. 2010 schließe ich zusätzlich mein Ingenieurstudium im Bereich Fahrzeugtechnik ab.