Indie Spotlight – Teil 02

Herdling


Aus Zürich kommt nicht nur Schokolade, sondern auch die wahrscheinlich sympathischste Stampede des Jahres. In »Herdling« übernehmen Sie die Rolle eines alpinen Wegbereiters für eine Herde Kalihörner. Liebenswert im Wesen, aber nicht unbedingt als Bergprofis geboren. Gemeinsam geht es über verschneite Hochebenen, durch neblige Wälder und entlang schmaler Höhenpfade, immer mit dem Ziel, das nächste Hindernis zu meistern. Mal erfordert der Weg Köpfchen für ein Umgebungsrätsel, mal Mut für den Schritt ins Unbekannte.

Die wortlose Erzählweise lebt von Blickführung und dem Miteinander, wenn Hindernisse gemeinsam mit den Tieren überwunden werden. Ein sanftes Lenken hier, ein kurzes Innehalten dort und schon nimmt die Herde die richtige Route. Jede gelöste Passage bringt nicht nur Fortschritt, sondern auch die stille Freude, als Team ein Stück näher ans Ziel zu kommen. So wird die Bergreise zu einer Mischung aus Führung, cleverem Problemlösen und dem beruhigenden Wissen, dass am Ende alle gemeinsam oben ankommen.

Sword of the Sea


Manche surfen auf Wellen, andere auf Schnee: hier gleitet man auf einem Schwert über Sandmeere. »Sword of the Sea« verwandelt Dünen in Halfpipes, Ruinen in Rampen und die Weite in eine Bühne für geschmeidige wie waghalsige Manöver. Das Hoverschwert reagiert auf jeden Impuls, mal für sanftes Dahingleiten, mal für einen Satz, der über ganze Täler trägt.

Zwischen goldenen Hügeln, stillen Tempeln und vergessenen Nekropolen entfaltet sich eine Reise mit dem Rhythmus eines endlosen Ritts. Jeder Schwung öffnet neue Perspektiven, jeder Sprung ist Einladung, das eigene Können auszureizen. Wer den Takt der Landschaft findet, setzt die Fahrt frei und haucht dieser Welt sichtbar neues Leben ein.

Time Flies


»Time Flies« verwandelt das kurze Leben einer Stubenfliege in eine Mischung aus Albernheit und kleinen Erkenntnissen. Vier offene Level, darunter eine Galerie, ein Wohnhaus und ein Abwasserkanal, warten darauf, in weniger als einer Minute erkundet zu werden. Auf Ihrer Liste stehen skurrile Wünsche wie »eine Revolution starten« oder »eine Blume wachsen lassen«. Der Weg dorthin ist selten direkt und oft gespickt mit charmanten Umwegen.

Zeit ist der eigentliche Gegenspieler. Jede Sekunde zählt, jede Bewegung will überlegt sein, um mehrere Ziele in einer Route zu verbinden. Die minimalistische Optik lenkt den Blick auf Details, die mal humorvoll, mal überraschend nachdenklich sind und hinterlässt am Ende das Gefühl, dass selbst eine Fliege genug erlebt, wenn man die richtigen Momente findet.

Shantae Advance: Risky Revolution


Ein wiederentdeckter Schatz aus der Game-Boy-Advance-Ära: Ursprünglich 2004 begonnen und nie veröffentlicht, wurde »Shantae Advance: Risky Revolution« zwei Jahrzehnte später vollendet und erscheint nun auch auf Switch, PlayStation und Xbox. Die Handlung spielt zwischen dem ersten »Shantae« und »Risky’s Revenge«: Risky Boots will mit der Tremor Engine ganze Landstriche verschieben, und Shantae reist über Gebirgspfade, Strände und durch unterirdische Kavernen, um sie aufzuhalten. Haar-Peitschenangriffe, neue Transformationen und das Drehen ganzer Areale verbinden sich zu einem klassischen Action-Adventure mit jeder Menge frischen Ideen.

Die Umsetzung für moderne Konsolen bietet hochauflösende Illustrationen, überarbeitete Menüs und neue Inhalte wie zusätzliche Kampfarenen. Es ist diese Mischung aus unveröffentlichtem Relikt und zeitgemäßer Technik, die den besonderen Reiz ausmacht. Jede Verwandlung, jede neue Abkürzung und jeder gedrehte Abschnitt ist ein Beweis dafür, wie gut ein verschollenes Projekt in der Gegenwart funktionieren kann.

Gemporium

Ein Maulwurf, ein Laden voller Edelsteine und ein Schuldenberg, den niemand bestellt hat: In »Gemporium« übernehmen Sie das Geschäft Ihrer Grandmole, nur um festzustellen, dass neben funkelnden Steinen auch unbezahlte Rechnungen im Sortiment liegen. Zwischen dem Abbau von Edelsteinen, ihrem Schleifen und dem Verkauf an wartende Kundschaft taucht regelmäßig ein Kredithai auf, der an seine Ansprüche erinnert. Die richtige Balance aus Rohstoffsuche, Veredelung und Verkauf entscheidet darüber, ob Ihr kleiner Laden wächst oder untergeht.

Entwickelt vom fünfköpfigen Merge Conflict Studio, das gemeinsam in einem Haus in den USA lebt, setzt »Gemporium« auf Nachhaltigkeit in der Entwicklung und spürbare Liebe zum Detail. Wer sich Zeit nimmt, Kunden mit dem perfekten Stein glücklich zu machen, steigert neben Umsatz auch den Ruf des Ladens und findet vielleicht heraus, wie man selbst unter Druck noch glänzen kann. Ein kleines Juwel mit großem Herz, das sich nicht nur für Fans von Cozy Games als wahre Entdeckung erweist.

→ Wer nach diesen Indie-Erlebnissen noch mehr außergewöhnliche Ideen entdecken will: Weitere Highlights finden Sie in unserer Rubrik »Level Up« – und natürlich im aktuellen Heft.