Die Optionen und Erregungsmuster des digitalen Zeitalters in einer ohnehin rauschhaft übernervösen Welt, die drängenden Notwendigkeiten, die das Bewusstsein für begrenzte Ressourcen und ein konsequentes Nachhaltigkeitsdenken einfordern, dazu reihum disruptive Start-up-Eruptionen – alles darf, will, muss sich also gerade schleunigst neu erfinden. Für eine Zukunft, die keiner kennt, außer vielleicht eine Reihe von Experten, die aber gar nicht wissen, dass sie Experten für die Zukunft sind, was gut ist, weil sie in dem Moment, in dem sie meinen, Experten zu sein oder gar sein wollen, sehr wahrscheinlich schon wieder prächtig mit ihren Prognosen danebenliegen werden, was jetzt vielleicht so spitz formuliert etwas verwirrend klingt, aber ganz einfach in einer Aussage auf einen Punkt gebracht werden kann: Wenn es um die Zukunft geht, sind die gegenwärtig gängigen Experten leider eher wenig treffsicher. »Ein Schimpanse, der mit Pfeilen auf eine Dartsscheibe wirft, hat eine genauso große Trefferquote wie unsere sogenannten Experten«, hat es der Psychologieprofessor und Prognoseforscher Philip Tetlock vor einigen Jahren als Fazit einer Studie formuliert.
20 Jahre lang hatte Tetlock über 80.000 Prognosen von 284 Analysten aus Fernsehen, von Behörden und Institutionen nachverfolgt und ausgewertet. Eine Erklärung für das ernüchternde Resümee liefert Tetlock gleich mit: Experten greifen gerne und mit einem entsprechend starken Ego auf ihr bewährtes Spezialwissen und auf die hier gelernten Erklärungsmuster zurück, dazu ein empfangsbereites Publikum, das selbstbewusst platzierte, einfache Wahrheiten liebend gerne annimmt. Man freut sich ja über Orientierung. An der Wirklichkeit müssen sich solche Experten entsprechend selten messen lassen. Die Spezialisten, die einen Ruf zu verlieren haben, neigen im Übrigen besonders dazu, sich selbst zu überschätzen.