Deliver At All Costs

Manche Spiele wirken auf den ersten Blick harmlos – und explodieren dann in einem Moment aus Chaos und Charme. »Deliver At All Costs« ist genau so ein Spiel. Ein anarchischer Mix aus Action, Strategie und Midcentury-Fantasie, der sich anfühlt, als hätte jemand »Crazy Taxi«, »Just Cause« und ein American Diner aus den Fünfzigern in einen Shaker geworfen – und kräftig geschüttelt.

Zentralfigur ist Winston Green, ein Lieferfahrer mit Vergangenheit. Was geliefert wird, ist nicht immer legal, selten stabil und fast nie ungefährlich: zappelnde Fische, tickende Pakete, lebendige Ladung. Was zählt, ist Tempo – und der Wille, notfalls eine Garage zu durchbrechen, um ans Ziel zu kommen. Alles in dieser Welt ist zerstörbar, alles reagiert – und alles sieht dabei erstaunlich gut aus. Die grellen Farben, das wuchtige Sounddesign, der Look zwischen amerikanischer Weite und Drive-in-Romantik macht jede Mission zu einem Mini-Blockbuster.

Und obwohl alles nach Chaos aussieht, ist Präzision gefragt. Die Steuerung sitzt, die Aufgaben fordern Timing, Überblick und eine gewisse Nonchalance im Angesicht des drohenden Totalschadens. Wer sich auf das Spiel einlässt, merkt schnell, dass hier nicht nur Krawall geliefert wird, sondern auch eine clevere Mechanik darunterliegt. Schadenskalkulation, alternative Routen – alles hat Konsequenzen. Und wer besonders smart agiert, wird belohnt: mit der wohl verdienten Bezahlung, Sonderboni oder einfach mit dem guten Gefühl, ein rollender Künstler der Zustellung zu sein.

Auch erzählerisch macht das Spiel keine halben Sachen. Dialoge flimmern vor Ironie, Nebenfiguren wirken wie aus einem Tarantino-Script gefallen, und die Hintergrundstory entfaltet sich wie ein Pulp-Heft aus dem Atomic Age – überdreht, charmant, nie albern. Alles ist überzeichnet, aber nie belanglos. Und ganz nebenbei entsteht so etwas wie eine überraschend runde Welt: absurd, aber glaubwürdig. Ein bisschen wie ein Cadillac, der auf Schienen fährt – sinnlos, aber stilsicher.

Und wer denkt, das alles sei nach zwei Missionen auserzählt, irrt. Die Vielfalt der Aufträge, die Reaktivität der Umgebung und die stetig steigenden Herausforderungen halten das Spiel frisch – auch, weil es so elegant zwischen Improvisation und Kontrolle pendelt. Jede Lieferung wird zur Bühne, jeder Crash zur Pointe. Selten so gern geliefert.

Deliver At All Costs ist erhältlich für PlayStation 5, Xbox Series & PC.

→ Wer nach diesem waghalsigen Ritt noch nicht genug hat: Weitere Highlights finden sich in unserer Rubrik »Level Up« – und natürlich im aktuellen Heft.