Das heißt, Freude ist nichts Selbstverständliches, sondern ein Lerneffekt?
Ja, und das entspricht der Erkenntnis der Hirnforschung. Es geht um Neuroplastizität. Das Gehirn verändert sich messbar mit dem, was wir tun, mit den Ritualen, Aufgaben, mit der Art des Denkens. Wenn wir jetzt einen Taxifahrer als Beispiel nehmen, bei dem ist der Teil des Gehirns, der für das räumliche Denken zuständig ist, besser vernetzt. Das heißt, jede Beschäftigung, die man wiederholt, verändert auch das Gehirn. Und es ist doch schön zu wissen, dass wir selbst Einfluss darauf haben, wie wir denken, leben und fühlen.
Und was passiert im Gehirn, wenn man sich freut?
Für das Glücksgefühl sorgen vor allem Hirnbotenstoffe, ein Cocktail gehirneigener Opioide, die in das zentrale Nervensystem ausgestoßen werden. Das sind insbesondere Serotonin, Dopamin und Oxytocin, die je nach dem Quell der Freude anders verteilt werden. Serotonin sorgt für Gelassenheit, Dopamin für Tatendrang, Oxytocin wird bei Zärtlichkeit ausgeschüttet. Je nach Art der Freude werden zudem unterschiedliche Teile des Gehirns stimuliert. Bei der materiellen Belohnung ist es eher das Belohnungszentrum, der Nucleus accumbens. Den entdeckten amerikanische Wissenschaftler in den Fünfzigern bei Rattenexperimenten. Sie brachten den Ratten bei, per Tastendruck diesen Bereich im Gehirn zu stimulieren. Einige betätigten ihn dann bis zur totalen Erschöpfung, vergaßen darüber sogar zu fressen. Dieser Kick hält aber nur sehr kurz an, andere Arten von Freude sind viel beständiger, zum Beispiel der Flow, den wir erleben, wenn wir völlig in einer Tätigkeit aufgehen.