Indie Spotlight – Teil 11

Fading Serenades

Pakete ausliefern kann anstrengender sein, als es klingt. »Fading Serenades«, entwickelt vom Wiener Studio Atelier Nano, schickt Sie mit zu kleinem Rucksack über Flüsse, Hügel und Brücken, während die Inselbewohner Sie langsam in ihre Welt hineinlassen. Jede Lieferung ist ein kleines Abenteuer, jedes Paket eine neue Probe auf Geduld und Geschick.

Doch es bleibt nicht bei Botengängen: Hinter den Aufträgen verbirgt sich ein Mysterium um eine verschwundene Wissenschaftlerin und eine Insel, deren Traditionen im Verschwinden begriffen sind. Alles eingerahmt von einer Pixelästhetik, die so warm wirkt, als würde man von ihr umarmt. Klare Empfehlung für die Tage im Herbst, an denen man sich in digitale Welten einkuscheln möchte.

Spooky Express

Der Fahrgast hat keinen Puls? Kein Problem. In »Spooky Express« dürfen Zombies, Vampire und andere Untote endlich wieder Bahn fahren, vorausgesetzt, Sie legen die Gleise richtig. Das britische Studio Draknek & Friends, bekannt für Puzzle-Kracher wie »A Monster’s Expedition« und »Bonfire Peaks«, verwandelt den Pendelalltag in eine charmante Geisterbahn mit über 200 handgebauten Rätseln, in denen Logik und Timing wichtiger sind als Lebenskraft.

Trainsylvania wird zur Bühne für liebevoll gestaltete Miniaturwelten, in denen Sie Routen planen, Gleise legen und dafür sorgen, dass kein Monster seine Haltestelle verpasst. Jeder Abschnitt erzählt eine kleine Geschichte – von der Kürbis-Koppel über das Höllische Herrenhaus bis hin zu den Teuflischen Tiefen. Dazu erklingt ein gespenstischer Soundtrack, der die Mischung aus Grusel und Gemütlichkeit perfekt einfängt.

Mit Comics von David Hellman und Zac Gorman, einem Soundtrack von Priscilla Snow und detailverliebtem Design zeigt »Spooky Express«, wie verspielt strategisches Denken sein kann. »Spooky Express« ist die Art von Zugfahrt, auf die Sie wirklich gerne warten.

Voxile

Wenn »Minecraft« zu viele Energy-Drinks gehabt hätte, sähe das Ergebnis vermutlich so aus wie »Voxile«. Das Spiel von VoxRay Games Inc. verbindet Aufbau, Chaos und Voxel-Zerstörung zu einem Abenteuer, das so unberechenbar ist wie unterhaltsam. Zwischen Schusswechseln, Crafting und spontanen Explosionen bleibt kaum Zeit zum Durchatmen.

Jede Welt wird zufällig generiert, jede Begegnung fühlt sich anders an, und wer genug Mut hat, kann alles zu Kleinholz verarbeiten, inklusive der eigenen Pläne. Ob im Alleingang oder im Online-Koop, »Voxile« bietet eine Mischung aus kreativer Freiheit und digitalem Größenwahn. Ein Spiel, das zeigt, wie gut sich Anarchie und Ästhetik manchmal vertragen.

Undusted: Briefe aus der Vergangenheit

In »Undusted: Briefe aus der Vergangenheit« wird Putzen zur Zeitreise. Statt Hochdruckreiniger und Gartenschlauch geht es hier um Polieren, Staubwischen und behutsames Freilegen von Erinnerungen. Hauptfigur Adora kehrt in das alte Haus ihrer Familie zurück, um eine Halskette für ihre Tante zu finden. Doch jeder Tisch, jede Kiste, jedes verblichene Foto erzählt seine eigene Geschichte.

Die koreanischen Entwickler von 5minlab und Toge Productions verwandeln alltägliche Handgriffe in kleine Meditationen. Das Spiel ist ruhig, präzise und eindringlich, jedes Geräusch und jeder Funken Staub hat Bedeutung. Das Ergebnis ist eine leise, handwerklich klare Erfahrung. »Undusted« ist kein Spiel, das laut sein will. Es lädt ein, zu entschleunigen, sich zu konzentrieren und die Schönheit in einfachen Gesten zu entdecken.

Tormented Souls 2

Nach den Schrecken im Wildberger-Krankenhaus beginnt für Caroline Walker ein neues Kapitel. In »Tormented Souls 2« verschlägt es sie in das entlegene Villa Hess, wo ihre Schwester Anna unter Visionen leidet, die Wirklichkeit werden. Das Krankenhaus in den Bergen wird zum Schauplatz eines psychologischen Albtraums, in dem sich Glaube, Schuld und Körperhorror überlagern.

Dual Effect und Publisher PQube entwickeln ihre Idee des modernen Retro-Horrors konsequent weiter. Feste Perspektiven, detailreiche Umgebungen und eine spürbar physische Atmosphäre treffen auf neue Mechaniken wie den Dimensionswechsel, mit dem sich Vergangenheit und Gegenwart manipulieren lassen. Die Kämpfe bleiben roh, die Waffen improvisiert, das Gefühl der Hilflosigkeit allgegenwärtig.

Villa Hess, das verlassene Einkaufszentrum und die alte Schule bilden diesmal den Rahmen für eine dichte, unnachgiebige Erfahrung. »Tormented Souls 2« vereint klassische Survival-Horror-Tugenden mit einem präzisen Gespür für Atmosphäre. Ein Horror, der nicht laut schreit und damit umso mehr unter die Haut geht.

Discounty

Supermarktregale auffüllen, Preise kalkulieren und Kundschaft bei Laune halten. Was im echten Leben Stress bedeutet, wird in »Discounty« erstaunlich entspannend. Als frischgebackener Ladenbesitzer in Blomkest kümmern Sie sich um Lieferungen, ordnen Waren ins Regal und bedienen an der Kasse. Mit jedem Verkauf steigt nicht nur der Umsatz, sondern auch das Ansehen im Ort, das sich wiederum in neuen Handelsmöglichkeiten niederschlägt. Zwischen Arbeitsalltag und kleinen Geschichten der Dorfbewohner entsteht ein Kreislauf, der schnell in seinen Bann zieht.

Das dänische Studio Crinkle Cut Games hat das Spiel bewusst fokussiert gehalten: kein Beziehungsdrama, keine Ablenkungen, aber das Herzstück eines Management-Sims: Ihr Laden. Pixelgrafik und entspannte Musik verleihen dem Ganzen eine Leichtigkeit, die ausgerechnet den Stress von Kassenbändern und Einkaufslisten in ein wohltuendes Ritual verwandelt. Wer schon immer wissen wollte, wie viel Spaß Regalpflege machen kann, wird hier überrascht.

Unyielder

In der Antarktis des Jahres 1972 stößt man auf die Überreste von Erebus, einer Stadt, die nach einem fehlgeschlagenen Experiment im Eis versank. Dort beginnt ein Kampf gegen Dutzende übermächtige Gegner, bei dem jeder Treffer zählt. Präzision, Beobachtung und Geduld sind die einzige Chance, in dieser Einöde zu bestehen. Die Arena ist karg, das Adrenalin konstant hoch.

Das Einmannprojekt des TrueWorld Studios verzichtet auf Ablenkung und vertraut auf ein kompromissloses Prinzip: aus den Überresten besiegter Feinde entsteht Ihr eigener Endboss. Jede Waffe, jede Modifikation, jedes Upgrade verändert den Rhythmus der Gefechte. Mit über 40 Bossen und einem Waffenarsenal, das zwischen Flammenwerferhämmern und Kanonen-Katanas pendelt, entsteht ein Spielfluss, der nie zur Routine wird. Was bleibt, ist ein absolut herausforderndes Boss-Rush-Spektakel im Roguelike-Kostüm. »Unyielder« ist radikal fokussiert, roh und visuell beeindruckend.

→ Wem diese Mischung aus Poesie, Chaos und Geisterverkehr gefällt: Weitere Highlights finden Sie in unserer Rubrik »Level Up« – und natürlich im aktuellen Heft.